Israels Bürger waren am Dienstag zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen - zum vierten Mal binnen zwei Jahren. Rund 6,6 Millionen Wahlberechtigte konnten seit Dienstag 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr MEZ in einem der 13.685 Wahllokale ihre Stimme für eine von knapp 40 Listen abgeben.

Die rechtskonservative Likud-Partei des Regierungschefs Benjamin Netanyahu ist bei Israels vierter Parlamentswahl binnen zwei Jahren laut Prognosen stärkste Kraft geworden. Die Likud-Partei kam demnach am Dienstag auf 31 Mandate, etwas weniger als bei der Wahl vor einem Jahr. Auf Platz zwei kam die Zukunftspartei des Oppositionsführers Yair Lapid.

Die Ergebnisse der Parlamentswahl sind nach Angaben der Vorsitzenden des Zentralen Wahlkomitees aber nicht vor Freitag zu erwarten.

Nach Beginn der Abstimmung am Dienstag sagte Orly Adas der Nachrichtenseite ynet, man werde die Ergebnisse sehr gründlich prüfen. "All dies braucht Zeit, deswegen werden die Ergebnisse in der Nacht nur langsam einlaufen." Sie hoffe, dass man bis zum Morgen etwa 70 Prozent der Ergebnisse in den regulären Wahlstationen sehen könne.

Doppelte Umschläge noch ausständig

Die Auszählung der sogenannten doppelten Umschläge mit Stimmen von Soldaten, Diplomaten, Häftlingen und Corona-Kranken solle erst am Mittwochabend beginnen. Nach Angaben von ynet wird sich die Zahl dieser Umschläge, die bei der Wahl vor einem Jahr noch 330.000 betragen hatte, diesmal fast verdoppeln. Dies entspreche etwa 15 der 120 Mandate im Parlament. Weil mehrere Parteien an der 3,25-Prozent-Hürde scheitern könnten, könne dies das Gesamtbild deutlich verändern. Das amtliche Endergebnis soll acht Tage nach der Wahl veröffentlicht werden.

Nach letzten Umfragen wird die Likud-Partei des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu wieder stärkste Fraktion. Sie kann mit etwa einem Viertel der 120 Sitze im Parlament rechnen. Umfragen zufolge könnte die Regierungsbildung auch diesmal schwierig werden. Die Bildung einer Koalition aus Parteien des rechten Lagers könnte aber knapp scheitern. Auch für das Anti-Netanyahu-Lager dürfte es schwierig werden, auf die nötige Mehrheit von 61 Abgeordneten im Parlament zu kommen. Damit droht ein Patt, eine weitere Neuwahl im Sommer oder September ist nicht auszuschließen.

Bruch nach wenigen Monaten

Nach Wahlen im April und September 2019 war die Regierungsbildung wegen einer Pattsituation zwischen dem Mitte-Links-Lager und dem rechts-religiösen Lager gescheitert. Nach der letzten Wahl vor einem Jahr hatte Netanyahu dann unter dem Druck der Corona-Krise ein Bündnis mit seinem Rivalen Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß geschlossen. Dieses zerbrach jedoch nach wenigen Monaten.

Netanyahu, der seit 2009 durchgängig im Amt ist, hofft auf eine weitere Amtszeit. Der 71-Jährige will mit der rasanten Corona-Impfkampagne sowie mit der Annäherung Israels an weitere arabische Staaten punkten. Er steht allerdings wegen eines Korruptionsprozesses unter Druck. Die Zeugenbefragung beginnt knapp zwei Wochen nach der Wahl.