In allen 50 Bundesstaaten und der Hauptstadt Washington, DC, kamen am Montag die 538 Wahlleute zusammen, um den formellen Akt der Wahl des neuen Präsidenten abzuschließen. Sie bestätigten damit, was bereits wenige Tage nach der Abstimmung am 3. November klar war: dass Donald Trump nach nur vier Jahren das Weiße Haus wieder verlassen muss.

Das Votum in Kalifornien hob Biden am Montagnachmittag (Ortszeit) über die Schwelle der notwendigen 270 Stimmen. Dieser sprach von einem "Sieg der Demokratie". Trump solle die Niederlage anerkennen. Inzwischen reichte Justizminister William Barr seinen Rücktritt bei Trump ein.

Doch der Abgewählte will seine Niederlage noch immer nicht eingestehen. Stattdessen verbreitet er weiter die Mär vom Wahlbetrug. Seine andauernden Bemühungen, die Abstimmung zu delegitimieren, könnten weitreichende Konsequenzen haben. Vor allem für Joe Biden.

Dessen Sieg war eindeutig. Landesweit holte der 78-Jährige sieben Millionen mehr Stimmen als der Amtsinhaber. Trotzdem kann sich die Noch-Präsidentenpartei nicht von Trump lösen. Auch er errang mehr Stimmen als jeder Präsident vor ihm und führte der Grand Old Party so Wähler zu, die sie sonst nie erreicht hätte.

Und bei diesen Bürgern kommt die Botschaft des abgewählten Mannes im Weißen Haus gut an. Laut einer Umfrage für den Sender CBS halten mehr als 80 Prozent der Präsidentenfans Bidens Sieg für illegitim. Es sind Wähler, auf die die Republikaner kaum verzichten können, wenn in zwei Jahren die nächsten Kongresswahlen anstehen. So lässt sich erklären, dass sich in der Vorwoche über 120 republikanische Kongressabgeordnete einer aussichtslosen Klage vor dem Supreme Court anschlossen, die die Wahl noch umkehren sollte.

Biden steht damit vor einem Problem. Im Kongress werden die Demokraten während seiner Präsidentschaft – wenn überhaupt – über eine äußerst knappe Mehrheit verfügen. Um seine Agenda durchzusetzen, wird er damit wohl auf die Kooperation eines Teils der Republikaner angewiesen sein. Doch wenn bereits jetzt mehr als die Hälfte der Republikaner im Repräsentantenhaus seine Legitimität in Zweifel ziehen, dürfte es für andere in der Partei schwierig sein, mit ihm zusammenzuarbeiten.

Für die progressive Agenda, mit der die Demokraten in den Wahlkampf gezogen sind, ist das keine gute Aussicht. Zudem läuft Biden Gefahr, es sich mit Teilen seiner eigenen Partei zu verscherzen, sollte er den Republikanern auf der Suche nach Kompromissen zu weit entgegenkommen. Der linke Flügel ist bereits jetzt zunehmend unzufrieden darüber, dass er bei der Besetzung der Kabinettsposten nicht ausreichend zum Zug kam. Die breite Koalition, die Biden ins Weiße Haus gebracht hat, könnte durch den Druck von Trump und seinen Anhängern damit schneller auseinanderbrechen als erwartet.