Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini drängt auf Parlamentswahlen und denkt an eine Wahlallianz aus Mitte-Rechts-Parteien. So will der Chef der rechten Lega ein Wahlbündnis mit der rechtskonservativen Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi sowie mit der postfaschistischen Partei "Brüder Italiens" eingehen.

Neuwahlen im Oktober

"Wir wollen ein Zehn-Punkte-Programm für ein Kabinett vorstellen, das fünf Jahre lang hält", so Salvini nach Angaben der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Montagsausgabe). Laut Salvini seien Neuwahlen im Oktober die beste Lösung für Italien.

"Eine ehrliche, transparente und demokratische Lösung für die politische Krise sind Neuwahlen. Wir leben in einer Demokratie. Was gibt es Schöneres, als die Bürger wählen zu lassen?", fragte Salvini. Er sprach sich für eine Senkung des Steuerdrucks und für die Einführung einer Einheitssteuer von 15 Prozent für Personen mit einem Jahreseinkommen unter 50.000 Euro aus.

Alternative

Ex-Premier Matteo Renzi schlug inzwischen ein Bündnis aus seiner Demokratischen Partei (PD) mit der regierenden Fünf-Sterne-Bewegung, der stärksten Einzelpartei im italienischen Parlament, vor. Damit könne man Italien Neuwahlen ersparen und dem Land eine Alternative zu einer Regierung aus Lega und Mitte-Rechts-Kräften garantieren, sagte Renzi. PD-Chef Nicola Zingaretti schloss jedoch ein Wahlbündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung aus.

Misstrauensantrag

Im italienischen Parlament beginnen am Montagnachmittag Beratungen über einen Misstrauensantrag gegen den parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte, der Italien seit Juni 2018 regiert. Zunächst ist ein Treffen der Fraktionsvorsitzenden im Senat angesetzt, die einen Termin für die Debatte über den Antrag ansetzen müssen. Am Dienstag sollen die Chefs der Fraktionen im Abgeordnetenhaus zusammenkommen.

Der Misstrauensantrag war am Freitag von Salvinis rechter Lega eingebracht worden. Spricht der Senat Conte sein Misstrauen aus, müsste der Regierungschef seinen Rücktritt einreichen. Staatspräsident Sergio Mattarella muss dann entscheiden, ob er das Parlament auflöst. Das Parlament in Rom befindet sich derzeit in der Sommerpause und sollte seine Arbeit eigentlich erst im September wieder aufnehmen.

Pressestimmen

Zur Aussicht auf Neuwahlen in Italien schreiben die Zeitungen am Montag:

"Times" (London):

"Der größte Konflikt im Falle eines Wahlsiegs von Matteo Salvini dürfte sich um das Budget drehen. Salvini möchte Steuern senken, um Italiens stagnierende Wirtschaft wiederzubeleben. Jedoch legen ihm die Regeln der Eurozone Fessel an, die eine Reduzierung des Budgetdefizits und der enormen Schulden des Landes verlangen. Eine Schlüsselfrage für die Wahlkampagne dürfte sein, wie weit Salvini in diesem Konflikte zu gehen bereit ist. Im Wahlkampf 2018 hatte sich seine Lega auf ein Manifest gestützt, das einen 'gemeinsamen Weg zu einem verhandelten Austritt' forderte. (...)

Die EU wird sich, wie auch immer, auf mehr destabilisierende Unsicherheiten hinsichtlich des Schicksals ihres viertgrößten Mitglieds einstellen müssen - und das, während sie gerade den Austritt des drittgrößten zu verkraften hat."

"La Repubblica" (Rom):

"Wählen oder nicht wählen? Das scheint jetzt die Frage zu sein. Sollen sich die Kräfte vereinen, die sich bis gestern noch spinnefeind waren, oder soll man der krank geborenen Legislaturperiode für immer die Luft abdrehen? Tja, argumentieren diejenigen, die sich gegen den Urnengang wehren, wenn wir Salvinis Schachzug nachgeben, wird er wieder einmal gewonnen haben. Tja, argumentieren die Vernünftigen, wenn wir eine unwahrscheinliche Allianz arrangieren, nur, um seine Pläne zu zerstören, werden wir im schlimmsten Fall das Experiment von Mario Monti wiederholen, das am Ende war, weil es das Brutzentrum für viele anti-systemische Viren geworden ist."

"L'Humanité" (Paris):

"In einem Land, das die Erinnerung an den Faschismus nicht wirklich ausgelöscht hat, beruft sich (Salvini) offen auf Mussolini, indem er die Rückkehr zur 'Ordnung, den Regeln und der Disziplin' rühmt. Die liberale Politik schafft in Europa neue Monster, die alte Rezepte auf neuem Boden anwenden. Sie - nach der Methode von Emmanuel Macron - wie Schreckgespenster zu behandeln, stärkt sie nur. Nur eine Verpflichtung der Politik zum sozialen Fortschritt, einer Politik der Gleichheit und der Brüderlichkeit kann ihren Aufstieg verhindern, in Rom... oder in Paris."