Israel hält vorerst am Boykott gegenüber Regierungsvertretern der FPÖ fest. Dies erklärte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montag nach einem Arbeitsgespräch mit Israels Staatspräsident Reuven Rivlin vor österreichischen Journalisten. Israel boykottiert die freiheitliche Ministerriege seit dem Start von Türkis-Blau mit Verweis auf die "antisemitischen Wurzeln" der FPÖ.

Van der Bellen hatte sich zuletzt bei Rivlin dafür stark gemacht, zumindest mit der auf einem FPÖ-Ticket befindlichen aber parteifreien Außenministerin Karin Kneissl Kontakte zu pflegen. "Meine Bitte ist schlicht, die Außenministerin als eine Art Sonderfall zu betrachten", sagte Van der Bellen nach dem Treffen mit Rivlin. Derzeit sei die Lage aber "wenig erfolgversprechend". Israel werde die Causa weiter prüfen. "Vor den Wahlen wird gar nichts passieren", so Van der Bellen.

In Israel wird am 9. April ein neues Parlament gewählt. Zugeständnisse gegenüber den Freiheitlichen, die in ihrer langen Geschichte immer wieder mit antisemitischen Aussagen für Diskussionen gesorgt hatten, kämen da gar nicht gut an.

Van der Bellen will das Thema auch bei seinem Treffen mit Premierminister Benjamin Netanyahu ansprechen, erwartet aber derzeit keine Änderung der israelischen Haltung gegenüber der FPÖ.

Israel boykottiert die freiheitliche Ministerriege seit Start der türkis-blauen Regierung mit Verweis auf die "antisemitischen Wurzeln" der Partei. "Ich habe es ja schon im Herbst bei einem Kurzbesuch mit Präsident Rivlin besprochen. Ich fand dort keinerlei Resonanz für meinen Wunsch, zumindest mit Außenministerin Karin Kneissl Kontakte zu pflegen. Ich werde es versuchen, mache mir aber keine Illusionen", erklärte Van der Bellen während seines Staatsbesuchs in Jerusalem. "

"Auch damals nach der schwarz-blauen Regierung hat es drei Jahre gedauert, bis volle diplomatische Beziehungen wieder aufgenommen wurden. Wir werden es anschneiden, aber es wird wahrscheinlich für den Moment erfolglos sein", so der Bundespräsident.

Österreich und Israel "gute Freunde"

Auf die Frage, ob er es wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zur Staatsräson zähle, für die Sicherheit Israels einzutreten, meinte Van der Bellen: "Ich weiß nicht genau, was das Wort Staatsräson in diesem Zusammenhang bedeutet, aber die Verantwortung Österreichs angesichts der Jahre 1938 bis 1945 steht glaube ich fest. Das Existenzrecht Israels muss vollkommen unbestritten sein. Wir werden uns immer dafür einsetzen, und wir werden gute Freunde bleiben und sein."

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat bei seinem Treffen mit Israels Präsident Reuven Rivlin Österreichs Mitverantwortung für die Shoa betont. Jüdisches Leben müsse überall unbehelligt möglich sein, es dürfe keine Toleranz gegenüber Antisemitismus geben, sagte Van der Bellen anlässlich seines Staatsbesuchs im Präsidentenpalast in Jerusalem.

"Zehntausende ermordet"

"Zehntausende jüdische Österreichinnen und Österreicher wurden vom Naziregime ermordet - und noch mehr wurden vertrieben. Viele Vertriebene fanden hier in Israel eine neue Heimat. Sie bauten das Land auf und verteidigten es in mehreren Kriegen. Lassen Sie mich unmissverständlich sagen: Österreich ist mitverantwortlich für die Shoa. Viele Österreichinnen und Österreicher waren unter den Täterinnen und Tätern", erklärte der Bundespräsident. "Darum verbeugen wir uns in Demut vor den Opfern. Zu dieser Mitverantwortung hat sich Österreichs erst spät, sehr spät bekannt. Das hat unser Verhältnis lange Zeit schwierig gemacht."

Keine Toleranz bei Rassismus

Der Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus sei ihm persönlich immer ein starkes Anliegen gewesen. "Der Antisemitismus der Nationalsozialisten ist nicht vom Himmel gefallen. Er war schon zuvor in der österreichischen Gesellschaft sehr stark präsent. Die Shoah war der grausame Höhepunkt. Es darf daher keine Toleranz gegenüber Antisemitismus geben", sagte Van der Bellen. "Unser Ziel ist es, dass jüdisches Leben überall, ob in Israel, ob in Europa oder sonst wo, sicher und unbehelligt möglich ist. Das ist unsere Verantwortung. Das sind wir den Opfern der Shoah schuldig. Israel muss in Frieden leben können. Das ist in Österreich Konsens und ein nationales Anliegen."

Palästinensische Kritik, wonach sich Österreichs Nahost-Politik von einer ausgewogenen zu einer pro-israelischen bewegt hat, kann Van der Bellen nicht nachvollziehen. "Nein, es ist nicht so, und das sollte man nicht so sehen." Vielleicht seien die Palästinenser "etwas gekränkt, dass sich mehrere Ministerbesuche in den letzten Jahren auf Jerusalem beschränkt haben". All das sollte man aber "nicht überbewerten".

"Auch Palästinenser willkommen"

Präsident Mahmoud Abbas sei jederzeit in Wien willkommen. Und er selbst besuche natürlich auch Präsident Abbas. "Mich interessiert ja die Situation: Gibt es irgendwelche Ideen zur Fortführung des Nahost-Friedensprozesses? Wie ist die Situation innerhalb der Palästinenser?"

Dass der Friedensprozess zwischen Israel und Palästinensern de facto tot und ohne Chance ist, bestreitet Van der Bellen. "Das würde ich nicht so sehen." Wenn man 10, 20 oder 50 Jahre in die Zukunft denke und sich frage, wie werden diese Gebiete dann regiert, "dann muss man nach dieser fünfjährigen Pause der Friedensgespräche wieder in die Gänge kommen, im Interesse der einen und der anderen. Wenn Österreich hier einen kleinen Beitrag leisten kann, dann ist es gut."