Die USA wollen den Druck auf den Iran mit Sanktionen maximal erhöhen. Der Schlag gegen die iranische Wirtschaft ist eine Folge des US-Austritts aus dem Atomabkommen, das die USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Russland und China sowie die EU mit der islamischen Republik 2015 geschlossen hatten. Die wichtigsten Fragen zu dem höchst umstrittenen Schritt der Amerikaner.

Was will die Regierung Trump bezwecken?

Washington ist - besonders nach der Übernahme der Geschäfte durch die außenpolitischen Falken, Sicherheitsberater John Bolton und Außenminister Mike Pompeo - der Auffassung, der Iran müsse unter Zwang zur Räson gebracht werden. Teheran soll sein Raketenprogramm aufgeben und die Unterstützung für Organisationen wie die Hisbollah im Libanon oder die Hamas im Gazastreifen beenden. Insgesamt haben die USA einen Katalog mit zwölf Forderungen an den Iran aufgemacht. Die USA folgen der - international umstrittenen - Darstellung Israels, dass der Iran weiter heimlich an einem Atomwaffenprogramm arbeite. Eine iranische Atomwaffe wäre der Alptraum Washingtons.

Was bewirken die Sanktionen?

Die USA hatten in mehreren Schritten einen ganzen Strauß an Sanktionen gegen den Iran verhängt - ausgehend vom Jahr 1979, als iranische Studenten die US-Botschaft in Teheran besetzt und mehrere US-Bürger als Geiseln genommen hatten. Diejenigen Sanktionen, die sich auf das Atomprogramm des Irans bezogen, wurden 2015 in Folge des Abkommens ausgesetzt. Sie werden nun, nach Austritt der USA aus dem Abkommen, wieder eingeführt - und zwar alle. Ein erster Schritt mit Maßnahmen gegen einzelne Industriezweige war bereits im August erfolgt. Nun trifft es den Öl- und den Bankensektor - die beiden Lebensadern der iranischen Volkswirtschaft - sowie die Transportbranche mit den wichtigen Häfen. Erklärtes Ziel ist es, die Ölexporte des Irans auf Null zu reduzieren.

Können die USA das so einfach machen?

Dass die USA die Hauptabnehmer iranischen Öls erst einmal von den Sanktionen ausnehmen mussten, zeigt, wie schwierig das in der Praxis ist. Indien, China, Japan, Taiwan, Südkorea, Griechenland, Italien und die Türkei dürfen weiter Öl abnehmen - geredet wird über einen Übergangszeitraum von sechs Monaten. Druckmittel der Amerikaner sind Strafen: Wer mit dem Iran nach Inkrafttreten der Sanktionen Geschäfte macht, kann mit den USA keine Geschäfte mehr machen. Da für die meisten vor allem großen Unternehmen der US-Markt deutlich wichtiger ist als der iranische, beugt man sich dem Diktat der Politik. Die Ölexporte seien schon vor Wiedereinsetzung der Sanktionen um eine Million Barrel pro Tag gesunken.

Gilt das auch für deutsche Unternehmen?

Pompeo stellte kürzlich bezüglich deutscher Unternehmen im Iran fest: "Sie sind geflohen." Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer, pflichtet dem bei. "Das Iran-Geschäft läuft Gefahr, gänzlich zum Erliegen zu kommen", sagte er. Auch für österreichische Unternehmen geht damit ein Hoffnungsmarkt verloren. Für den Iran bedeutet dies neben wirtschaftlichem auch politisches Ungemach - die Menschen sind unzufrieden, drohen zu verarmen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) forderte den Iran auf, sich für die Situation ausreichend zu wappnen. "Die Wiedereinführung von US-Sanktionen wird das wirtschaftliche Wachstum reduzieren, indem die iranischen Öl-Exporte beschnitten werden, und der Iran sollte politische Maßnahmen ergreifen, um die makroökonomische Stabilität zu gewährleisten", sagte IWF-Sprecher Gerry Rice.

Was sagen die Europäer dazu?

Länder wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien stecken in einer Zwickmühle. Einerseits wollen sie das von den USA verlassene Abkommen mit dem Iran unter allen Umständen aufrechterhalten. Denn: es funktioniert. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA, eine unabhängige UNO-Organisation, attestiert dem Iran regelmäßig, sich an die Bestimmungen aus dem Atomdeal zu halten. Andererseits: Die Europäer erkennen an, dass die USA einen Punkt haben. Die Treue zum Text des Atomdeals heißt keineswegs, dass der Iran nicht ein gefährliches Spiel treibt, etwa im Jemen, sagen europäische Diplomaten. Vor allem Israel unterstellt, Teheran schüre den Nahost-Konflikt über die Finanzierung von Gewalt unter anderem der radikal-islamischen Hamas.

Wie reagieren die Europäer?

Um zumindest einen Teil der Wirtschaftsbeziehungen zum Iran aufrechtzuerhalten, arbeiten EU-Staaten derzeit fieberhaft am Aufbau einer sogenannten Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV). Sie soll den Zahlungsverkehr bei Iran-Geschäften abwickeln, wenn sich private Banken wegen drohender US-Strafen dazu nicht mehr bereit erklären. Die Zweckgesellschaft könnte zum Beispiel sogenannte Bartergeschäfte ermöglichen. Das sind Geschäfte, bei den Waren mit anderen Waren oder Dienstleistungen bezahlt werden und kein Geld fließt. Diplomaten verweisen aber darauf, dass die geplante Zweckgesellschaft europäische Unternehmen vermutlich nicht vor US-Sanktionen schützen können werde. Sie sei daher vor allem für Unternehmen interessant, die lieber im Iran als in den USA Geschäfte machen wollten und deswegen einen Marktausschluss in den Vereinigten Staaten nicht fürchteten.

Wie ist die Haltung in Teheran?

Der Iran verurteilt das Vorgehen Washingtons und weist alle Vorwürfe zurück. Präsident Hassan Rouhani sprach am Montag von einem "Wirtschaftskrieg". Ab Wochenende demonstrierten im Iran Hunderttausende gegen die USA. Rouhani, der als vergleichsweise moderate Kraft im Iran gilt, forderte den Westen auf, mit dem Iran gegen den neuen Unilateralismus der USA zusammenzuarbeiten. Die große Frage ist, was passiert, wenn das erwartungsgemäß nicht geschieht. Sollte der Iran seinerseits das Abkommen aufkündigen, weil die ihm in Aussicht gestellten wirtschaftlichen Vorteile nicht mehr greifen, wäre der Boden für einen offenen Konflikt bereitet. Die Europäer befürchten umgekehrt, moderate Politiker wie Rouhani könnten durch die Sanktionen zugunsten fundamentalistischer Kleriker an Boden verlieren.

Hat Donald Trump das im Blick?

Ja. Seine Regierung verfolgt vergleichsweise offen das Ziel, die Verhältnisse im Iran zu verändern. Wenngleich von einem Umsturz höchstens hinter vorgehaltener Hand geredet wird, treten die USA offen für eine Unterstützung iranischer Oppositionskräfte ein. Außenminister Pompeo sagt etwa: "Wir wollen, dass der Iran ein normales Land wird." Das würde aber klar einen Systemwechsel bedeuten, weg von der theokratischen Staatsform, hin zu mehr Demokratie. Die Mullahs würden das freiwillig nie hinnehmen - zumal sie nicht ganz zu Unrecht darauf verweisen, dass es die USA und Großbritannien waren, die 1953 den demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh stürzten und dem Schah eine nicht-demokratische Herrschaft ermöglichten.