Es gibt derzeit zwei zentrale Themen, die die Iren emotional aufwühlen. Der Wassermangel wegen der außergewöhnlichen Trockenheit und Hitze in den vergangenen Wochen und ein möglicher ungeregelter EU-Austritt Großbritanniens mit der Folge auf der Insel eine harte Grenze zu bekommen. Ersteres brachte den Taoiseach (so heißt der Ministerpräsident der Republik auf Gälisch) Leo Varadkar auf die Idee, sich mit seinem österreichischen Gast Sebastian Kurz im Freien den Medien zu stellen. Der Kanzler freute sich sichtlich über den ungewöhnlichen Ort bei der Hitze, während über dem Innenhof des Dublin Castle die Möwen kreischten.

Und dann drehte sich sofort alles um die Brexit-Debatte. „Ich glaube, wir können optimistischer sein als noch vor einer Woche in Brüssel“, begann der irische Regierungschef. Er sei am Vortag des Besuchs aus Wien von der britischen Premierministerin Theresa May vorab informiert worden.

Man habe das Weißbuch aus London erfreut zur Kenntnis genommen, wie man jeden Vorschlag begrüßt, der eine „harte Grenze vermeidet und den freien Handel mit dem Vereinigten Königreich aufrechterhält“, sagte Varadkar. Er müsse aber, um von der EU angenommen zu werden, „die Integrität des Binnenmarktes und der Zolluniun respektieren“. Es war der Moment, wo auch der österreichische Kanzler und derzeitige EU-Ratspräsident ins Spiel kam. Er unterstrich, dass man sich unter den übrigen 27 Mitglieder in der Europäischen Union abstimme und eine gemeinsame Linie habe. Allerdings werde die Zeit bis zum Austritt nun langsam knapp, betonten beide. „Es wird kirscheng“, sagte Varadakar.

Zudem gäbe es noch einige Bedenken über die praktische Durchführbarkeit der Zollpläne aus London. Nun warte man auf Details der britischen Regierung im Laufe der Woche. Das Weißbuch sei aber „ein guter Input für die Brexit-Verhandlungen“, sagte der irische Taoiseach. Dennoch ging er auf Mays Vorschlag konkret ein: „Entweder bleibt das Vereinigte Königreich Teil des Europäischen Binnenmarktes oder bleibt vollständig draußen.“ Der neue Plan aus London sieht unter anderem unterschiedliche Zölle für britische Produkte vor. Für Kurz und Varadkar sind die vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes untrennbar miteinander verbunden. Anschließend gab der irische Regierungschef ein Staatsdinner für den Gast aus Österreich in den Repräsentationsräumen des Dubliner Schlosses. Er überraschte seinen Gast mit einer Rede auf Deutsch.

Kurz wird mit diesen Eindrücken aus der Dubliner Regierungszentrale am Montagvormittag mit an die Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und der Rebublik Irland mitnehmen. Er will sich dort auch über die Praktikabilität informieren lassen. Am Nachmittag dann reist er weiter nach London und trifft May, die nach einer emotionsgeladenen Kabinettssitzung den Rücktritt von Brexit-Minister David Davis in der Nacht hinnehmen musste.