In einem Brief an seine Mitbürger hat der scheidende US-Präsident Barack Obama das Erbe seiner zwei Amtszeiten verteidigt. Das Weiße Haus veröffentlichte die Erklärung am Donnerstag zusammen mit Berichten jedes Ministeriums über die Fortschritte seit dem Amtsantritt Obamas vor acht Jahren.

Zu den wichtigsten Errungenschaften seiner Präsidentschaft zählte Obama die Reform des US-Gesundheitssystems, Obamacare, die sein Nachfolger Donald Trump wieder abschaffen will. Während er sich auf den Stabwechsel vorbereite, sei er "stolz darauf zu sagen, dass wir eine neue Grundlage für Amerika geschaffen haben", erklärte Obama. Er verwies auf die Erholung der US-Wirtschaft, die Verringerung der US-Militäraktionen in Afghanistan und im Irak, eine geringere Abhängigkeit von ausländischen Ölversorgern und das Klimaabkommen von Paris.

Bei einem seiner seltenen Besuche im US-Kongress bemühte Obama sich am Mittwoch um die Rettung seiner Gesundheits- und Sozialreform, indem er die Demokraten hinter sich versammelte. Obamas Gesundheitsreform könnte zum ersten großen Streitthema im Kongress nach dem Amtsantritt Trumps am 20. Jänner werden.

Fast zeitgleich stattete der künftige Vize-Präsident Mike Pence den Republikanern im Kapitol einen Besuch ab, die sowohl den Senat als auch das Repräsentantenhaus kontrollieren. "Der erste Punkt auf der Tagesordnung ist die Abschaffung von Obamacare", sagte Pence nach dem Treffen.

Obama betonte in dem Brief, unter ihm hätten die USA mit der langwierigen Aufgabe begonnen, die Ungleichheit zu verkleinern. "Was nicht helfen wird ist, 30 Millionen Amerikanern die Gesundheitsversorgung wegzunehmen, von denen die meisten weiße Arbeiter sind; Arbeitern die mehr als verdiente Bezahlung von Überstunden zu verweigern; oder die Gesundheits- und Sozialversicherung zu privatisieren und die Wall Street wieder sich selbst regulieren zu lassen - dafür haben die Mittelklasseamerikaner nicht gestimmt."

Obama war es gegen den Widerstand der Republikaner gelungen, die größte Reform des US-Sozialsystems seit Jahrzehnten umzusetzen, die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung. Rund 20 Millionen Menschen sind inzwischen über "Obamacare" versichert. Wegen des vorhergesagten starken Anstiegs von Versicherungsbeitragen ist das System jedoch verstärkt in die Kritik geraten.

Obama fordert von Trump Justizreform

Der scheidende US-Präsident Barack Obama hat die Nachfolgeregierung des Landes zu einer umfassenden Justizreform gedrängt. Es sei noch „viel Arbeit zu erledigen“, um das Strafjustiz- und das Haftsystem zu modernisieren, schrieb Obama in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Harvard Law Review“.

Die USA könnten es sich nicht leisten, jährlich 80 Milliarden Dollar (76,2 Mrd. Euro) in Inhaftierungen zu stecken und jedes Jahr „600.000 Gefangene zu entlassen ohne ein besseres Programm zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft“, schrieb er.

Obama ist selbst Harvard-Absolvent und war früher auch Leiter des Fachmagazins. Ohne seinen Nachfolger Donald Trump beim Namen zu nennen, forderte er diesen nun zu einer Reform der Strafjustiz auf und dazu, etwa die Überbelegung in vielen US-Gefängnissen anzugehen.

Er bedauerte zudem, bei der Verschärfung der Waffengesetze als US-Präsident nicht mehr Fortschritte gemacht zu haben. Waffengewalt sei eine „Epidemie, die täglich unser ganzes Land erfasst“, schrieb Obama.