Am Rande der Konferenz, bei der es um den Umgang mit humanitären Krisen gehen soll, seien auch bilaterale Gespräche geplant. Ob Merkel den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffe, stehe noch nicht fest.

Nach dem Abkommen zur Begrenzung des Flüchtlingszuzugs schickt die EU Migranten, die seit 20. März illegal in Griechenland eingereist sind, zurück in die Türkei. Für jeden zurückgeschickten syrischen Flüchtling darf ein anderer Syrer aus der Türkei legal in die EU  einreisen. Teil des Abkommens ist auch die Visumfreiheit für türkische Bürger, die in die EU reisen wollen. Über die Voraussetzungen streiten die EU und Ankara jedoch heftig, so dass die angestrebte Aufhebung der Visumpflicht bis Ende Juni offen ist - und damit die Zukunft des Flüchtlingspakts mit der EU insgesamt.

Zu den EU-Forderungen gehört die Entschärfung der türkischen Anti-Terror-Gesetze - so soll ausgeschlossen werden, dass auch missliebige Journalisten oder politische Gegner verfolgt werden können. Erdogan hat dies jedoch kategorisch ausgeschlossen und Signale gesendet, wonach sein Land wieder mehr Flüchtlinge nach Europa schicken könnte, sollte die Visumfreiheit platzen.

"Der Ball ist im Feld von Ankara", teilte EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn am Freitag nach einem Treffen mit dem türkischen Europaminister Volkan Bozkir in Brüssel mit. Laut Pressemitteilung bekräftigte Hahn die Position der EU-Kommission, "dass alle ausständigen und wohlbekannten Benchmarks des Fahrplans zur Visaliberalisierung von 2013 dringend von der Türkei erfüllt werden müssen". Bozkir hatte am Freitag erklärt, die EU-Kommission müsse eine "neue Formel" finden, um den Stillstand zu überwinden.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen forderte in einem offenen Brief an die EU-Staats- und Regierungschefs, vom Flüchtlingspakt Abstand zu nehmen. "Das EU-Türkei-Abkommen bedroht das Recht aller Menschen, Asyl zu beantragen", heißt es in dem Schreiben. Das Abkommen sende das "beunruhigendes Signal" in die Welt, dass Länder sich aus ihrer Verantwortung gegenüber Schutzsuchenden freikaufen könnten. Es stelle den Grundsatz infrage, dass Menschen vor Krieg und Verfolgung fliehen dürften.

Dass das zum 20. März in Kraft getretene Abkommen Wirkung zeigt, beweisen neue Zahlen der europäischen Grenzschutzagentur Frontex:  Demnach kamen im April lediglich 2.700 Menschen über das Meer illegal nach Griechenland - ein Rückgang um 90 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Im März waren es noch 26.971, im Februar 57.066 und im Jänner 67.415. Frontex zufolge hält allerdings auch die Grenzschließung Mazedoniens und damit die faktische Schließung der Balkanroute nach Mittel- und Nordeuropa die Menschen von der gefährlichen Reise in der Ägäis ab.

Andere Menschen setzen weiterhin auf die nicht minder gefährliche Route von Nordafrika nach Europa. Die italienische Küstenwache entdeckte im Mittelmeer erneut mehr als 800 Flüchtlinge. Sie sollten von verschiedenen Schiffen nach Sizilien und Kalabrien gebracht werden, wie die Nachrichtenagentur Ansa am Freitag meldete.