Der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, sieht nach eigenen Worten "eine Kehrtwende" in der Flüchtlingskrise. "Das Abkommen mit der Türkei zeigt seine Wirkung, und die Flüchtlingszahlen sinken deutlich", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe laut Vorabbericht vom Samstag. In den ersten drei Wochen seit Inkrafttreten des Deals sei die Zahl um 80 Prozent zurückgegangen.

Völlige Entwarnung könne es allerdings erst dann geben, wenn die Flüchtlingszahlen nachhaltig niedrig blieben, fügte Juncker hinzu. Die Abmachung mit der Türkei habe den Europäern Handlungsspielraum eröffnet, um Lehren aus der Krise zu ziehen und mittelfristig ein faireres und effizienteres Asylsystem aufzubauen.

Scharf kritisierte Juncker die Errichtung des Zauns an der mazedonisch-griechischen Grenze. "Zäune mögen Flüchtlinge am Weiterziehen hindern, aber kein Zaun und keine Mauer ist hoch genug, um diese Menschen davor abzuschrecken, nach Europa zu kommen, wenn sie vor Krieg und Gewalt in ihren Heimatländern fliehen", sagte Juncker.

Juncker warnte auch davor, den Rechtspopulismus in Europa salonfähig zu machen. "Was wir in Österreich beobachten, sehen wir leider auch in einigen anderen europäischen Ländern, in denen Parteien mit den Ängsten der Menschen spielen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe mit Blick auf die Bundespräsidentenwahl in Österreich.

Die Rechtspopulisten suggerierten, dass aller Ungemach verschwinde, wenn man sich nur auf die nationale Perspektive beschränke, so der EU-Kommissionschef. Einmal mehr warnte Juncker auch vor einer Schließung des Brenners und daraus resultierenden schweren Schäden für Europa. Eine derartige Maßnahme zur Abwehr für Flüchtlinge wäre "eine politische Katastrophe", sagte er.

Der Pass sei ein Verkehrsknotenpunkt und damit in jeder Hinsicht ein Verbindung zwischen Nord- und Südeuropa: "Alles, was den Brenner blockieren würde, hätte deshalb nicht nur gravierende wirtschaftliche, sondern vor allem auch schwere politische Konsequenzen", so der EU-Kommissionspräsident.