Der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle ist tot. Der frühere FDP-Vorsitzende starb am Freitag im Alter von 54 Jahren an den Folgen seiner Leukämie-Erkrankung. Das teilte der Chef der Westerwelle Foundation in Berlin mit.

Mehr als 30 Jahre Politik, zehn Jahre FDP-Chef, vier Jahre deutscher Außenminister - Guido Westerwelle gehörte zu den prägenden Gestalten der deutschen Politik. Mit einem Buch, das er über seine Krankheit verfasste ("Zwischen zwei Leben - Von Liebe, Tod und Zuversicht"), hatte Guido Westerwelle viele Menschen gerührt. Aber die Hoffnung, sich noch einmal zu erholen, trog dann doch. Am Freitag verlor er den Kampf gegen den Blutkrebs.

Westerwelle war von 1994 bis 2001 Generalsekretär und von 2001 bis 2011 Bundesvorsitzender der Freien Demokratischen Partei (FDP). Von 2006 bis 2009 war er Oppositionsführer im Deutschen Bundestag, vom 28. Oktober 2009 bis zum 17. Dezember 2013 Außenminister im Kabinett Merkel II und in dieser Funktion auch Stellvertreter der Kanzlerin.

Unter dem Vorsitz von Westerwelle erreichte die FDP bei der Bundestagswahl 2009 mit 14,6 Prozent der Stimmen ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl. In den nachfolgenden Koalitionsverhandlungen mit der CDU wurde Westerwelle von vielen Medienvertretern, wegen der stark finanz- und wirtschaftspolitischen Ausrichtung seiner Partei, als künftiger Bundesfinanzminister gesehen; er wurde jedoch Bundesaußenminister.

Zu den parteiinternen Kritikern Westerwelles gehörte der Schaumburger Kreis, ein marktliberal ausgerichteter innerparteilicher Zirkel. Im Dezember 2010 wurde bekannt, dass ein Mitglied Interna aus Gesprächen des Schaumburger Kreises über eine etwaige Ablösung von Westerwelle als Parteivorsitzender und Außenminister an die Presse weitergab.

Druck nach massiven Stimmenverlusten

2011 geriet Westerwelle als Vorsitzender unter Druck, als die FDP in den Landtagswahlen von Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg massiv Stimmen verlor und nur in Baden-Württemberg den Wiedereinzug ins Parlament schaffte. Bei dem Parteitag der FDP am 13. Mai 2011 kandidierte er nicht erneut und gab somit sein Amt als Parteivorsitzender auf. Neuer Vorsitzender wurde der bisherige Gesundheitsminister Philipp Rösler. Nach der dramatischen Niederlage bei der Bundestagswahl 2013 - die FDP kam nicht mal mehr ins Parlament - bekam Westerwelle von vielen früheren Außenministerkollegen auch Einladungen für die "Zeit danach". 

Zur Veröffentlichung seiner Autobiographie sagte Westerwelle, er fühle sich in seiner Politik der militärischen Zurückhaltung auch im Rückblick bestätigt und sehe sie als nicht mehr ernsthaft bestritten an, seitdem auch sein Nachfolger als Außenminister, Frank-Walter Steinmeier, zu dieser Politik gefunden habe.

Eingetragene Partnerschaft

Seit dem 17. September 2010 lebte Westerwelle mit dem Manager Michael Mronz in eingetragener Partnerschaft. sein öffentliches Coming-out hatte Westerwelle jedoch erst im Sommer 2004 mit einer Schlagzeile am 21. Juli in der Bild. Damit war er nach Wowereit (2001) und von Beust (2003) der dritte deutsche Spitzenpolitiker, der vor einer breiteren Öffentlichkeit seine Homosexualität bekannt machte.

Biografie über Leben mit Leukämie

Am 20. Juni 2014 wurde bekannt, dass Guido Westerwelle an akuter Leukämie erkrankt ist. Die Krankheit wurde zufällig im Rahmen einer Voruntersuchung zu einer Knie-Operation diagnostiziert. Nach viereinhalb Monaten stationärer Behandlung, bei der auch eine Knochenmarkstransplantation durchgeführt worden war, wurde Westerwelle im November 2014 aus dem Krankenhaus entlassen. Über diese Zeit veröffentlichte Westerwelle im November des vergangenen Jahres  gemeinsam mit Dominik Wichmann das Buch "Zwischen zwei Leben".

Machtmensch

Westerwelle war ein absoluter Machtmensch, der Ehrgeiz trieb ihn früh in die höchsten Ämter -schon mit 39 war er FDP-Chef und stieß bald an die Spitze der deutschen Bundesregierung vor. Zeit seines Lebens gehörte der Anwaltssohn aus Bonn zu den Leuten, über die die Meinungen auseinandergingen: Bewundert, bejubelt, verspottet, verhasst. Zu Beginn der 80er-Jahre fiel er zum ersten Mal auf: Als im Bonner Hofgarten Hunderttausende gegen die Nachrüstung demonstrierten, stand Westerwelle mittendrin und verteilte Flugblätter - dafür.

Umso mehr fiel die Demut auf, mit der Westerwelle sich im Zuge seiner Erkrankung an sein zweites Leben macht. Wer mit dem Tod gerungen hat, dessen Prioritätensetzung ist fortan eine andere. Der Nordrhein-Westfale erlebte so einen Moment, als nach der Transplantation im Zuge einer Injektion ein allergischer Schock auftrat. Er habe gedacht, "so fühlt sich also Sterben an", erzählt Westerwelle.

Auch bei ARD-Talkmaster Günther Jauch sprach er am Sonntagabend vor über fünf Millionen Zusehern offen über sein Leiden - und über die Dankbarkeit, weiter am Leben zu sein. Er habe in der schlimmsten Zeit Unterstützung erfahren: durch seinen Mann, Freunde und selbst durch Fremde auf der Straße. "Ich habe das größte Glück, das man haben kann. Und das ist die erwiderte Liebe." Aus dem Zuspruch erfuhr er "Lebenskraft". Mit seinem Buch möchte er einiges von dem Zuspruch zurückgeben und zeigen: "Es ist zu schaffen. Zwar ohne Garantie, aber man darf nie aufgeben."

Guido Westerwelle über Karriere und Krankheit bei Günther Jauch: