US-Präsident Barack Obama hat den Bundesrichter Merrick Garland für den vakanten Sitz am Obersten Gerichtshof nominiert. Obama lobte den 63-jährigen Garland am Mittwoch als "brillanten Juristen", der in beiden politischen Lagern "Respekt und Bewunderung" genieße. Die oppositionellen Republikaner wollen Garland jedoch mit ihrer Mehrheit im Senat blockieren.

Tod von Richter Antonin Scalia

Der überraschende Tod des erzkonservativen Richters Antonin Scalia im Alter von 79 Jahren hatte vergangenen Monat mitten im Präsidentschaftswahlkampf einen Streit um die Neubesetzung ausgelöst. Die Republikaner fordern, dass erst Obamas Nachfolger über den freigewordenen Sitz befinden soll. Die Amtszeit des Präsidenten endet im Jänner 2017.

"Die amerikanische Bevölkerung sollte ein Mitspracherecht bei der Ausrichtung des Gerichts haben", bekräftigte der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell am Mittwoch die Ablehnung seiner Partei. Auf dem Spiel steht, ob künftig weiter das konservative Lager oder der linksliberale Flügel die Mehrheit im neunköpfigen Richtergremium stellt.

Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen für die Vereinigten Staaten. Bei gesellschaftlichen Streitfragen wie den Rechten von Homosexuellen, den Waffengesetzen oder der Abtreibung haben die Obersten Richter oft das letzte Wort. Mitglieder des Supreme Court werden auf Lebenszeit ernannt. Nach dem Tod Scalias hat der Supreme Court vier konservative und vier liberale Richter.

Garland ist derzeit Vorsitzender Richter des Bundesberufungsgerichts in der Hauptstadt Washington. Der Absolvent der Eliteuni Harvard erfährt auch von Republikanern viel Anerkennung und steht für einen Mittelweg zwischen dem konservativen und dem linksliberalen Lager. Führende Republikaner hatten aber deutlich gemacht, Obamas Kandidat auf jeden Fall die Bestätigung durch den Senat zu verweigern.

"Richtige Mann für den Job"

"Ich habe meine verfassungsmäßige Pflicht erfüllt", sagte der Präsident bei der Vorstellung von Garland im Rosengarten des Weißen Hauses. "Nun ist es an der Zeit, dass der Senat die Seinige erfüllt." Garland sei "der richtige Mann für den Job" und verdiene zumindest eine "faire Anhörung". Er wies darauf hin, dass Garland bei seiner Berufung zum Bundesrichter im Jahr 1997 parteiübergreifend unterstützt worden sei. Auch sieben jetzt amtierende republikanische Senatoren hätten für ihn votiert.

Der Supreme Court stehe über dem politischen Tagesgeschäft, sagte Obama. "Und das muss so bleiben." Sonst drohe ein Präzedenzfall, der die Demokratie und das Justizsystem in den Vereinigten Staaten langfristig beschädigen werde.

Garland zeigte sich bei der Vorstellung im Garten des Weißen Hauses tief bewegt. "Das ist die größte Ehre meines Lebens", sagte der verheiratete Vater von zwei Töchtern. Für ihn gebe es keinen höheren Dienst an der Öffentlichkeit, als im Supreme Court Recht zu sprechen.

Strafverfolger im Justizministerium

Nach seinem Studium hatte Garland unter anderem für den früheren Supreme-Court-Richter William Brennan gearbeitet, ehe er in eine private Rechtsanwaltskanzlei wechselte. Später wurde er einer der ranghöchsten Strafverfolger im US-Justizministerium und leitete die Ermittlungen zu dem Bombenanschlag von Oklahoma City, bei dem im April 1995 eine regierungsfeindliche Gruppe 168 Menschen tötete. Seit 1997 amtiert er am Bundesberufungsgericht in Washington.

Garland ist der dritte Kandidat, den Obama in seiner Amtszeit für die höchste Richterbank der USA nominiert. Der Präsident holte 2009 Sonia Sotomayor als erste Juristin mit lateinamerikanischen Wurzeln an den Supreme Court, ein Jahr später fiel seine Wahl auf Elena Kagan.

Für Obama geht es bei der Neubesetzung des einflussreichen Richterpostens auch um sein politisches Erbe. Beim Supreme Court sind Klagen gegen die Einwanderungsreform des Präsidenten sowie seine Verordnungen für den Kampf gegen den Klimawandel anhängig.