Bei der Parlamentswahl in Finnland hat es am Sonntag zwei große Sieger gegeben. Einen erwarteten - die Zentrumspartei und ihr Unternehmer-Parteichef Juha Sipilä - und einen überraschenden: die rechtspopulistische "Partei der Finnen". Sowohl die Konservativen unter Noch-Regierungschef Alexander Stubb als auch die bisher mitregierenden Sozialdemokraten erlitten bittere Niederlagen.

Der 53-jährige Sipilä hat bei den kommenden Regierungsverhandlungen alle Trümpfe in der Hand. Rein rechnerisch geht sich wegen der im Vergleich zu Österreich viel bunteren Parteienlandschaft im Parlament eine Vielzahl von möglichen Koalitionen rechts und linke der Mitte aus. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es kaum deklarierte "unmögliche" Koalitionspartner gibt. Regieren wollen in Finnland in der Regel alle. Und Kompromisse schließen fiel im Konsensland Finnland bisher meist nicht schwer.

Das könnte sich nun ändern. Bei tiefergehender Betrachtung bedeutet das Wahlergebnis nämlich einen breiten Rechtsruck, der in der politischen Geschichte Finnlands seit dem Zweiten Weltkrieg seinesgleichen sucht.

Paradigmenwechsel

Sollte es zu einer Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten in dieser Stärke kommen - und das erscheint angesichts der neuen Kräfteverhältnisse nicht unwahrscheinlich - bedeutet das Ergebnis auch eine Art politischen Paradigmenwechsel und eine Abkehr Finnlands von der bisher dominierenden Brüssel-freundlichen Haltung.

Zwar geht sich eine Zweiparteien-Regierung nicht aus - Zentrum und Rechtspopulisten werden laut vorläufigem Endergebnis gemeinsam 86 von 200 Abgeordnete im finnischen Parlament stellen. Willige Helfer für eine derart traditionell-rechtsdominierte Regierung dürften sich jenseits des Linksbündnisses jedoch relativ problemlos finden.

Ideologisch stehen sich die offiziell liberale (sie ist im EU-Parlament Mitglied der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa - ALDE), in Wahrheit aber durch und durch altkonservative Zentrumspartei und die von dem sich stets bodenständig gebenden Populistenchef Timo Soini (52) geführte "Partei der Finnen" sehr nahe.

Erzkonservativ

Das reicht von einer auf das eigene Land konzentrierten Wirtschafts- und Sicherheitspolitik (EU und NATO sind für beide Parteien keine für Finnland prioritären Zusammenschlüsse), über eine konservative, eher geschlossene und wohlstandsorientierte Wirtschaftspolitik bis hin zu erzkonservativen Gesellschafts- und Familienwerten.

In Finnland glaubten schon vor der Wahl viele, dass die Sozialdemokraten - trotz ihrer schweren Niederlage - mit dem Zentrum und den Populisten eine Art unheilige Allianz bilden könnten. Der fast ebenso vernichtend geschlagenen konservativen Sammlungspartei unter dem selbsterklärten "EU-Nerd" Alexander Stubb fiele die Beteiligung an einer von Zentrum und "Partei der Finnen" dominierten Regierung wegen der eher Brüssel-unfreundlichen Einstellung und dem sich dann abzeichnenden unnachgiebigen Kurs in Bezug auf die EU-Hilfen an vermutlich noch schwerer als beispielsweise den Grünen.

Von Andreas Stangl/APA