Nach dem Eklat um die Aufkündigung der Zusammenarbeit Athens mit der Troika bemüht sich die neue griechische Regierung um Verbündete für ihren Anti-Sparkurs. Ministerpräsident Alexis Tsipras schlug am Samstag freundlcihere Töne an: Niemand wolle Streit, seine Regierung brauche aber mehr Zeit für ihr Reformprogramm, erklärte er.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte hingegen, Athen müsse seine Reform- und Sparpolitik fortsetzen. Einen Schuldenschnitt lehnte sie ab. Es sei niemals die Absicht seiner Regierung gewesen, "einseitig auf Griechenlands Schulden zu reagieren", versicherte Tsipras in einer Erklärung an die US-Nachrichtenagentur Bloomberg, die auch an andere Medien verbreitet wurde. Er fühle sich dem Mandat der griechischen Bevölkerung verpflichtet, die bisherige Sparpolitik durch eine Wachstumspolitik zu ersetzen.

"Zeit zum Luftholen"

Dies habe jedoch "keineswegs zur Folge, dass wir unseren Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Zentralbank oder dem Internationalen Währungsfonds nicht nachkommen werden". Vielmehr bedeute es, "dass wir Zeit zum Luftholen brauchen, um unser eigenes mittelfristiges Programm zur Erholung" von Wirtschaft und Finanzen aufzustellen. Dazu zählten unter anderem radikale Maßnahmen gegen Steuerflucht, Korruption, Klientelpolitik sowie für ein ausgeglichenes Budget, fügte Tsipras hinzu.

In den kommenden Tagen führt Finanzminister Giannis Varoufakis Gespräche in Paris, London und Rom, um für die neue Politik Athens zu werben. Am Sonntagnachmittag wollte Varoufakis seinen französischen Kollegen Michel Sapin sowie Wirtschaftsminister Emmanuel Macron treffen. Für Montag stand ein Gespräch mit dem britischen Finanzminister George Osborne auf dem Programm, für Dienstag mit dem italienischen Kollegen Pier Carlo Padoan. Tsipras will ebenfalls nach Italien sowie nach Zypern und Frankreich reisen. Ein Besuch in Berlin ist derzeit nicht geplant.

In einem Interview mit dem Wochenmagazin "To Vima", das am Sonntag erschien, erklärte Varoufakis, die Gläubiger-Troika sei nicht dazu ermächtigt, über "Inhalt und Logik" des Hilfsprogramms zu diskutieren. Er wolle nicht, dass die Troika "ihre Zeit verliert". Merkel sagte dem "Hamburger Abendblatt" vom Wochenende, "es gab schon einen freiwilligen Verzicht der privaten Gläubiger, Griechenland wurden von den Banken bereits Milliarden erlassen. Einen weiteren Schuldenschnitt sehe ich nicht". Ähnlich äußerte sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). "Wenn ich ein verantwortlicher griechischer Politiker wäre, würde ich keine Debatten über einen Schuldenschnitt führen", sagte er der "Welt". Auch die Regierungschefs von Portugal und Finnland, Pedro Passos Coelho und Alexander Stubb, sprachen sich gegen einen Schuldenschnitt aus.

Der finnische Zentralbankchef Erkki Liikanen, Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank, warnte vor einem Ende der Hilfszahlungen. Nach dem Auslaufen des derzeitigen Programms für Athen Ende Februar müsse eine Lösung gefunden werden, andernfalls "können wir nicht länger Geld leihen", sagte Liikanen am Samstag dem Radiosender Yle.

Schulz: "Verantwortungslos"

Europaparlamentspräsident Martin Schulz zeigte sich alarmiert von Varoufakis' Ankündigung, mit der Troika nicht mehr zusammenzuarbeiten und das laufende Hilfsprogramm vorzeitig zu beenden. "Wenn die griechische Regierung wirklich nicht mehr mit den Geldgebern auf der bisherigen Grundlage zusammenarbeiten will, dann halte ich das für verantwortungslos", sagte Schulz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

In der "Welt am Sonntag" riet er Tsipras zudem, verbal abzurüsten und "seine Angriffe auf Angela Merkel zu beenden". Griechenland erhält seit 2010 Kredite in Höhe von 240 Milliarden Euro, um es vor dem Staatsbankrott zu bewahren. Im Gegenzug musste es sich zu Reformen bereit erklären, deren Fortschritte von der Troika überwacht werden. Das Hilfsprogramm läuft Ende Februar aus. Danach muss entschieden werden, wie es in der griechischen Finanzkrise weitergehen soll.