In Indien ist die sechswöchige Parlamentswahl am Montag in weiteren Bundesstaaten fortgesetzt worden, unter anderem im indischen Teil Kaschmirs. Es wird erwartet, dass die Wählerinnen und Wähler in der Unruheregion Jammu und Kaschmir ihre Unzufriedenheit über die Aufhebung der Teilautonomie durch Premierminister Narendra Modi im Jahr 2019 zum Ausdruck bringen werden. Wahllokale wurden am Wahltag von paramilitärischen Milizen bewacht.

Modis hindu-nationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) hat im mehrheitlich muslimischen Kaschmir zum ersten Mal seit 1996 keine Kandidaten aufgestellt. Die BJP appellierte an die Wähler, stattdessen kleinere und neu gegründete Parteien zu wählen, die Modis Politik öffentlich unterstützen.

Erwartet wird aber, dass die Wähler eine der beiden in Kaschmir etablierten Parteien unterstützen werden, die eine Rücknahme der Reformen der Modi-Regierung fordern. „Wir wollen den Menschen klarmachen, dass das, was passiert ist, für sie nicht akzeptabel ist“, sagte Kaschmirs ehemaliger Regierungschef Omar Abdullah, dessen Partei National Conference für die Wiederherstellung der Teilautonomie eintritt.

„Ich habe für einen Regierungswechsel gestimmt. Das muss geschehen, damit unsere Kinder eine gute Zukunft haben“, sagte ein Beamter der Nachrichtenagentur AFP. „Überall, wo man heute in Kaschmir hinkommt, haben Leute von Außen das Sagen.“

Seit der Unabhängigkeit Indiens und der gleichzeitigen Abspaltung des als muslimischer Staat konzipierten Pakistans im Jahr 1947 ist die nördliche Himalaya-Region Kaschmir geteilt. Beide Länder beanspruchen das Gebiet vollständig für sich und haben schon zwei Kriege um die Kontrolle der Bergregion geführt. Seit 1989 kämpfen mehrere Rebellengruppen für die Unabhängigkeit der Region oder ihren Anschluss an Pakistan. In dem Konflikt gab es schon zehntausende Tote.

Sonderstatus für Kaschmir

2019 hatte die indische Regierung Kaschmirs Sonderstatus aus der Verfassung gestrichen und das Gebiet unter die direkte Kontrolle Neu-Delhis gestellt. Konkret wurde der Bundesstaat Jammu und Kaschmir aufgelöst und zum Unionsterritorium erklärt. Das Vorgehen der Regierung ging mit einer Ausgangs- und einer monatelangen Kommunikationssperre sowie Massenfestnahmen einher, um erwartete Massenproteste zu unterbinden.

In Indien sind seit dem 19. April mehr als 968 Millionen Menschen zur Parlamentswahl aufgerufen. Um den enormen logistischen Aufwand für den demokratischen Prozess im bevölkerungsreichsten Land der Welt zu bewältigen, findet die Abstimmung in sieben Phasen bis zum 1. Juni statt. Das Ergebnis soll am 4. Juni verkündet werden. Premierminister Modi ist in weiten Teilen des Landes beliebt und es wird allgemein erwartet, dass seine Partei erneut als Sieger aus der Wahl hervorgehen wird.