Eines vorweg. Friedrich Merz hatte zum Parteitag der CDU in Berlin kein Ei mitgebracht. Zuletzt hatte der CDU-Vorsitzende bei einem Treffen der Jungen Union mit einem späten Osterei nicht nur für Heiterkeit gesorgt.

Das Präsent war verziert mit dem Konterfei des CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten. „Markus Söder ist zwar heute physisch im Landtag. Aber als Ei heute bei uns“, scherzte Merz. Das kam nicht so gut an in München.

Söder spricht heute als Gastredner. Merz legte gestern zur Eröffnung des CDU-Parteitags vor. Und das an einem gewichtigen Versammlungsort. Das Berliner Estrel Convention Center liegt in der Sonnenallee im von Migration geprägten Berliner Bezirk Neukölln. Der Parteichef mit der kleinen Vorliebe für verbale Querschläger (Merz bezeichnete arabischstämmige Schüler als „kleine Paschas“) gab am Montag aber ganz den Staatsmann. Vor allem betonte Merz den Regierungsanspruch der CDU. „Maximal vier Jahre Ampel sind genug“, so der Parteichef.

„Gemeinsam Zukunft gewinnen“, steht an der Stirnseite der Parteitagshalle. Im Zentrum des Treffens steht die Verabschiedung des neuen Grundsatzprogramms der Partei. Der letzte Quellcode der Union stammt aus dem Jahr 2007. Damals hieß die CDU-Chefin noch Angela Merkel. Mit dem neuen Programm will die Merz-CDU die Ära Merkel überwinden. Die einst als Kanzlerwahlverein gescholtene CDU geht mit dem Programm nicht nur inhaltlich neue Wege. Der Entwurf wurde in vielen Regionalkonferenzen mit der Basis erörtert, dabei wurde auch nachgesteuert. Die Passage zum Islam etwa. Die CDU dringt nun auf einen Islam, „der mit unseren Werten vereinbar ist“. Das klingt deutlich anders als Bundespräsident Christian Wulff (CDU), der 2010 erklärte: „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ Auch in der Migrationspolitik vollzieht die Merz-CDU eine Wende und dringt auf Asylverfahren in Drittstaaten. Vorbei die Zeiten des „Wir schaffen das“.

Auch mit der aktuellen Bundesregierung bricht Merz. „Wir wollen das Bürgergeld der Ampel wieder abschaffen. Das klingt zu sehr nach bedingungslosem Grundeinkommen“, stellte Merz klar. Er präsentiert sich als Mann für die hart arbeitende Mitte. Noch etwas packte Merz in seiner Grundsatzrede wieder aus: die Leitkultur. Ein Begriff, den Merz selbst vor zwei Jahrzehnten prägte. Auch wenn das heute etwas milder klingt als früher. „Deutschland ist ein Einwanderungsland. Aber gerade ein Land mit Vielfalt braucht Gemeinsamkeit.“ Mit rund 90 Prozent wird er schließlich als CDU-Chef bestätigt.

Merkel war nicht zum Parteitag erschienen. Ihr Nach-Nach-Nachfolger setzte in seiner Eröffnungsrede auf Vertrautes. Merz zitierte Ludwig Erhard, den Vater der sozialen Marktwirtschaft und den griechischen Denker Thukykides. Das wirkte mitunter ermüdend. Ohnehin stehen zentrale Entscheidungen noch aus. Am Dienstag wird über eine Rückkehr zur Wehrpflicht entschieden. Nicht die einzige offene Frage. Merz schwarz-grüner innerparteilicher Rivale Daniel Günther hatte kurz vor dem Parteitag in einem Interview den Blick auf die Landtagswahlen im Osten gelenkt. Dort wird im Herbst in Brandenburg, Sachsen und Thüringen gewählt. Mit einer starken AfD ist zu rechnen. Günther hatte gefordert, eine Zusammenarbeit mit der Linken nicht generell abzulehnen. Doch das steht im Widerspruch zur Beschlusslage der Partei.

Freiheit, Sicherheit und Wohlstand steht hingegen auf den Europawahlplakaten der CDU. Das klingt sehr nach Retro in unsicheren Zeiten. Dafür scheint Merz der Richtige. Er hat die Partei stabilisiert, seit er vor zwei Jahren den Vorsitz übernommen hat. Offen bleibt, mit wem er im Bund regieren will. Die FDP ist zu schwach, die Grünen zu unbeliebt. Bleibt die SPD. Sie ist nach der nächsten Wahl wohl am billigsten zu haben. Die großen Richtungsfragen sind für die CDU auch mit dem neuen Grundsatzprogramm nicht entschieden.