Nun ist es so weit: Nach monatelangen Ankündigungen und wiederholten Aufschüben führt die Stadt Venedig ab 25. April die viel diskutierte Kurtaxe ein. Es handelt sich um eine Gebühr von 5 Euro pro Kopf. Betroffen sind all jene Reisenden, die nur für einen Tag (ohne Übernachtung) Venedig besuchen. Kinder unter 14 Jahren sind von der Maßnahme nicht betroffen. Wer sich nicht an die Regel hält, dem drohen Strafgelder von bis zu 300 Euro pro Person.

Im laufenden Jahr müssen Tagesreisende erstmals, an insgesamt 29 Testtagen, eine Eintrittsgebühr in die Lagunenstadt zahlen. Start für die Kurtaxe ist der Zeitraum vom 25. April (italienischer Staatsfeiertag) bis 5. Mai. Unter anderem wird das Ticket auch an allen Wochenenden zwischen 11. Mai und 15. Juli obligatorisch. Von der Regelung ausgenommen sind Einheimische, Besitzer von Zweitwohnungen, Pendler und Teilnehmer an Sportveranstaltungen. Die Bezahlung erfolgt online, über die Webseite www.venedig-ticket.com oder https://cda.ve.it. Durch die Bezahlung des Tickets erhält der Tagesgast einen QR-Code, der bei etwaigen Kontrollen vorzuweisen ist. Die Sondergebühr wird weder am Lido noch etwa auf den Inseln Burano oder Murano eingehoben.

Ab 2025 ist dann die dauerhafte Einführung der Kurtaxe vorgesehen. Geplant ist, dass durch die Sondergebühr noch heuer rund 13 Millionen Euro in die Stadtkasse der „Serenissima“ fließen. Damit soll eine verbesserte Qualität und Nachhaltigkeit der touristischen Infrastrukturen finanziert werden. Doch eine Umfrage der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ ergab, dass diese Mittel gerade ausreichen, um die Organisation und aufwändige Kontrolle des neuen Venedig-Tickets zu finanzieren.

„Wollen kein Museum werden!“

Die vom Gemeinderat Venedigs zu Jahreswende festgesetzte Maßnahme steht im Kreuzfeuer der Kritik. Nicht etwa der Touristen, sondern der Venezianer selbst. „Wir wollen nicht, dass Venedig zum Museum wird“, so der Tenor. Und manch ein Abgeordneter verweist darauf, dass die Einführung der Maßnahme mehr Aufwand als Erlös brächte. „Um Venedig zu retten, braucht man kein Ticket“, heißt es bei den zahlreichen Demonstrationen der Einheimischen. Unter anderem organisierten diese in der ganzen Stadt markante rote Plakate, die zum Protest aufrufen. Insofern wird die Dauerhaftigkeit der Kurtaxe infrage gestellt. Doch der wegen manch undurchsichtiger Machenschaften ins Kreuzfeuer der Kritik geratene Bürgermeister Luigi Brugnaro hält vorerst mit seinem Rechtsbündnis an den Plänen fest. Schließlich drohe auch die Gefahr, dass die UNESCO Venedig wieder als gefährdetes Kulturgut einstufe, da die Stadt zu wenig für die Erhaltung ihrer Kulturgüter tue. Auch der Klimawandel birgt eine Gefahr für die „Serenissima“. Venedig steht trotz des Schutzprojektes Mose immer häufiger unter Hochwasserdruck. Forscher rechnen damit, dass die Hochwassergefahr zunehmend größer wird. Sie sagen voraus, dass Venedig in 50 Jahren jeden dritten Tag unter Wasser stehen dürfte.

„Sterbende Stadt“

Die sündhaft teuren Lebenshaltungskosten einerseits, der Massentourismus andererseits, haben in den letzten Jahren zu einer Massenflucht der Bewohner aus dem Stadtzentrum geführt. Die Mietpreise im Zentrum der Lagunenstadt zählen zu den teuersten in ganz Italien. Ein Cappuccino kostet hier in manchen Cafés bis zu 10 Euro, gegenüber einem landesweiten Durchschnitt von 2,2 Euro. Die Altstadt gilt mit jährlich mindestens 17 Millionen Touristen als eines der meistbesuchten Reiseziele Europas. In Spitzenzeiten übernachten täglich 100.000 Gäste in der Stadt, hinzu kommen 50.000 Tagesbesucher.

Ein Großteil der Venezianer ist inzwischen auf das Festland ausgewandert. Dort in Mestre, Marghera und Umgebung hat sich die Anzahl der Einwohner in wenigen Jahren auf 255.000 mehr als verdoppelt. Die Einführung der neuen Sonderabgabe sei eine der Konsequenzen dieses Phänomens, rechtfertigt Bürgermeister Brugnaro die Maßnahme. Weitere Schritte, um den Massentourismus in der Lagunenstadt zu bremsen, sollen folgen. So dürfen Gruppenreisen ab Jahresmitte 2024 maximal 25 Mitglieder zählen. Auch dürfen bei Führungen im Stadtzentrum und auf den Inseln Burano, Murano und Torcello keine Lautsprecher verwendet werden. Und das Anlegeverbot von Kreuzschiffen nahe des Markusplatzes wurde bereits vor Jahren beschlossen.