Eigentlich, so sagt es ein hoher EU-Diplomat gestern in Brüssel, könnte nur noch eines den Plan durchkreuzen: Wenn die Frage aus irgendeinem Grund mit einem ganz anderen Thema junktimiert werde. Viel wahrscheinlicher ist es, dass Bosnien-Herzegowina heute am Frühjahrsgipfel der EU-Länder einen wichtigen Schritt weiterkommt und die Beitrittsverhandlungen damit offiziell beginnen können.

Grundlage ist eine entsprechende Empfehlung der EU-Kommission. Und so „entscheidet der Europäische Rat, die Beitrittsverhandlungen mit Bosnien-Herzegowina zu eröffnen“, heißt es in einem Entwurf für die Schlusserklärung. EU-Diplomaten zufolge sind Frankreich, die Niederlande und Dänemark noch skeptisch, Paris wolle aber ein positives Signal vom Gipfel aussenden, hieß es.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte im Vorfeld gewarnt, dass es „ein großer Fehler“ wäre, die Gespräche nicht starten zu lassen. Österreich gehört zu jenen Ländern, die sich besonders stark für den Beitritt des Landes eingesetzt haben. Aller Voraussicht nach werden sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder damit beschäftigen, welche Bedingungen und Reformen von Bosnien erfüllt sein müssten, bevor die tatsächlichen Verhandlungen beginnen. Das ist der Beginn eines steinigen Weges. Zwar wurde der Kommission vorgeworfen, bei ihrem Bericht die Kriterien aufgeweicht zu haben, dennoch kommt Bosnien letzten Endes nicht darum herum, die Schlüsselkriterien zu erfüllen. Dazu gehört etwa der Kampf gegen Korruption, Schutz von Minderheiten, Rechtsstaatlichkeit – lauter Dinge, deren Umsetzung in dem politisch extrem kleinteilig strukturierten Land eine nur schwer zu lösende Aufgabe darstellen. Der Einfluss von Russland, China und anderen ist im Land, das eine sehr hohe Auswandererquote hat, kaum zu übersehen.

Nur wenige Worte zur Erweiterung

Der Startschuss für Bosnien-Herzegowina ist zwar einer der offiziellen Punkte der Tagesordnung, in seinem Einladungsschreiben hat Ratspräsident Charles Michel allerdings genau diese Frage ausgeklammert. Hier heißt es eher kryptisch, der Gipfel möge „eine Bilanz der Vorbereitungen auf die Erweiterung und die Reformen ziehen; dabei müssen wir berücksichtigen, dass die Arbeit auf beiden Seiten parallel vorangebracht werden muss, um sicherzustellen, dass sowohl die künftigen Mitgliedstaaten als auch die EU zum Zeitpunkt des Beitritts bereit sind.“

Zentrales Thema beim Gipfel wird einmal mehr die Ukraine sein, ein, laut Michel, „Paradigmenwechsel in Bezug auf Sicherheit und Verteidigung Europas“ sowie eine Stellungnahme zur Nah-Ost-Krise. Auch auf der Agenda: Entspannungsmaßnahmen für die Landwirtschaft.