Panzer, Kampfjets und Kriegsschiffe in Aktion, dazwischen geschäftig umherlaufende oder patrouillierende Soldatinnen und Soldaten, alles unterlegt mit dramatischer Streichermusik: mit einem 34-Sekunden-Videoclip stimmt die Nato auch in den sozialen Medien ein auf das größte Manöver des Verteidigungsbündnisses seit Ende des Kalten Kriegs. Die Militärübung „Steadfast Defender“ (Standhafter Verteidiger) mit rund 90.000 Soldaten findet vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine statt. Geprobt wird, wie das Bündnis seine Partner an der Ostflanke unterstützen würde, sollte ein Konflikt aufflammen. An dem viermonatigen Großmanöver beteiligen sich alle 31 Nato-Staaten und der Beitrittsanwärter Schweden. Heute starteten die Vorbereitungen und die konkrete Planungstätigkeit.

Russland wird im Rahmen der Übung nicht beim Namen genannt. „Es geht um eine ‚Bedrohung Europas aus dem Osten‘“, sagt Philipp Eder, Brigadier und Militärkommandant von Kärnten und Militärstratege. Die Nato übe, wie sie die Truppen ihrer Mitgliedsstaaten – allen voran aus den USA – in den ostwärtigen Raum der Nato bringen kann.

Übung findet alle drei Jahre statt

Das Manöver ist Teil einer Serie und findet planmäßig alle drei Jahre statt, erstmals 2021. Diesmal allerdings mit zehnmal so vielen Truppen wie das letzte Mal. „Daran erkennt man schon, dass der Übungszweck einem potenziellen Gegner – vor allem Russland – zeigen soll, was die Nato imstande ist zu tun“, so der Experte.

Russische Übungen 2013, 2017 und 2021

Aber wirkt die Abschreckung? Moskau reagiert gewohnt scharf, bezeichnet das Manöver als endgültige Rückkehr zu den Schemata des Kalten Kriegs und sieht sich einmal mehr als Opfer eines hybriden Krieges, den „der Westen gegen Russland entfesselt“ hat. Bei all der Empörung bleibt Russlands „Sapad“-Übungen („Westen“), die man gemeinsam mit Belarus 2013, 2017 und 2021 durchführte, unerwähnt. Bei der letzten im Jahr 2021, fünf Monate vor dem Einmarsch in die Ukraine, haben laut damaligen russischen Angaben 200.000 Personen teilgenommen.

„Findet in der Ukraine statt“

„Die Nato macht das, was Russland in den letzten Jahren auch schon gemacht hat“, erklärt Eder, „nämlich Truppen an der Grenze in Richtung einer beurteilten Bedrohung zu verlegen, zusammenzuziehen und zu demonstrieren, wozu man im Falle des Falles imstande ist.“ Die letzte „Sapad“-Übung hätte im September 2023 stattfinden sollen, wurde aber abgesagt beziehungsweise „findet in der Ukraine statt“, wie der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu damals sagte. Das britische Verteidigungsministerium ging davon aus, dass die Übung wegen Truppenmangels gestrichen worden war.

Ungarn nimmt teil

Österreich beteiligt sich als neutraler Staat freilich nicht an der Übung, ist deswegen aber auch in Details und genaue Abläufe nicht eingeweiht. Höchstens Transporte durch Österreich wären möglich, meint Eder. „Ich nehme an, dass es in erster Linie um Transporte von Italien und Slowenien Richtung Deutschland, Tschechien und Slowakei gehen wird. Nur, das haben wir laufend, das ist nichts besonders Auffälliges und auch im Rahmen der EU rechtlich gedeckt.“

Spannend ist für Eder, dass Schweden an der Übung teilnimmt, obwohl es noch kein Mitglied ist und auch Ungarn sowie die Türkei, die zuletzt bekanntlich besonders russlandfreundlich aufgetreten sind.