Gäste werden im Straßburger Plenarsaal des EU-Parlaments immer wieder begrüßt; am Mittwoch kommt die Ehre Christopher Annen zuteil. Als Teil der deutschen Band AnnenMayKantereit soll der Musiker über seine Erfahrungen mit Streamingplattformen sprechen. Annen vertritt dabei auch den Verband Freier Musikschaffender „Pro Musik“. Mit ihm im Saal werden die Musikschaffende Balbina Jagielska, Repräsentantin der Akademie für Populäre Musik „Polyton“ sowie der Komponist Matthias Hornschuh, Sprecher der Kreativen in der Initiative Urheberrecht, sein.

Der Grund für die ungewöhnliche Zusammenkunft ist eine für heute angesetzte Abstimmung über eine Resolution, mit der die EU-Kommission zu einer Gesetzesvorlage über eine Neuordnung der Musik-Streamingsysteme aufgefordert wird. Berichterstatter Ibán Garcia del Blanco (S&D) sieht in dem ständig wachsenden Streaming-Angebot zunehmende Ungleichgewichte: „Es geht um die gerechte Verteilung von Gewinnen. Die Urheber der Inhalte sind inzwischen das schwächste Glied in der Kette.“

Globaler Wert 40 Milliarden Dollar

Im vorliegenden Bericht heißt es, dass mittlerweile 67 Prozent der weltweiten Einnahmen für Musik auf Streaming fallen, 2022 sei das achte Wachstumsjahr in Folge mit Einnahmen von 22,6 Milliarden US-Dollar gewesen. „Der globale Marktwert der Branche wird auf 40 Milliarden Dollar geschätzt. Es ist paradox, dass die Mehrheit der Künstler – sogar jene, die Hunderttausende Downloads haben – im Grunde nicht davon leben können“, so Garcia del Blanco vor Journalisten in Straßburg. Nach dem Willen der Parlamentarier sollen nun die sogenannten „prädigitalen Lizenzgebührensätze“ überarbeitet werden; angeblich haben einige der Plattformen nun schon von sich aus mit Änderungen begonnen. Ebenfalls ins Auge gefasst werden die „Payola-Systeme“: Dabei werden die Urheber der Stücke gezwungen, niedrigere oder gar keine Einnahmen als Gegenleistung für „mehr Sichtbarkeit“ auf der Plattform hinzunehmen.

Ein eigener Punkt betrifft die Metadaten. Künstler sollen Zugang zu den Algorithmen haben, damit will man auch unlautere Praktiken verhindern. Weiters soll die Herkunft der Werke eine Rolle spielen, so sollen etwa europäische Produktionen erkennbar sein. Schließlich ist auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ein großes Thema für die Urheber von Werken. Wenn KI neue Songs „komponiert“, die aber auf bereits davor kreierten Stücken basieren – wer ist dann der eigentliche Urheber? Garcia del Blanco: „Entwickler und Eigner der KI müssen Infos geben, welchen Input sie bei den Algorithmen verwendet haben. Fakes müssen als KI-Produkt gekennzeichnet werden, das gilt dann auch für Videos und Texte.“ Es wird erwartet, dass die Resolution heute mit großer Mehrheit angenommen wird.