Der Krieg in Europa und der damit verbundene Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik machen es möglich: Dem österreichischen Bundesheer steht in den kommenden Jahren so viel Geld zur Verfügung wie noch nie zuvor. Entsprechend lang ist die Liste der geplanten Beschaffungen und Modernisierungen. In einem Hintergrundgespräch am Donnerstagabend im Verteidigungsministerium erläuterten die Verantwortlichen ihren "Aufbauplan 2032" näher. Das Investitionsvolumen für die nächsten zehn Jahre umfasst demnach insgesamt 16,6 Milliarden Euro.

Grundsätzlich ist das Heeresbudget in drei Bereiche unterteilt: Personal, dazu zählen aktives Personal, Grundwehrdiener und Milizsoldaten. Die Pensionen ehemaliger Soldaten werden nicht aus dem Heeresbudget bestritten, sondern aus dem des Sozialressorts (Beamtenpensionen). Der zweite Bereich ist die sogenannte Basisleistung, darin enthalten ist der Betrieb (Ausbildung, Instandsetzung, Instandhaltung, Betriebsmittel, Bekleidung, Munition). Der dritte Bereich sind die Investitionen, die nun im Fokus der Planungen stehen.

Dazu hat das Heer drei große Bereiche definiert: Mobilität am Boden und in der Luft, hier sollen rund sechs der 16 Milliarden investiert werden, für Schutz und Wirkung sind sieben Milliarden notwendig und in Autarkie und Nachhaltigkeit sollen drei Milliarden fließen.

Und das ist in den jeweiligen Bereichen konkret geplant:

Mobilität am Boden

Die Zahl der Pandur-Mannschaftstransportpanzer (rund 100 weitere sind bereits im Zulauf) wird deutlich aufgestockt, dazu kommen leichte geländegängige Fahrzeuge, die teilweise die Rolle des Pinzgauers übernehmen. Auch die Sanitäts- und Pioniertruppe erhält gehärtete Fahrzeuge zur Steigerung der "Kampfunterstützungsfähigkeit", letztere auch neue Bergepanzer. Die Gebirgsjäger werden mit weiteren Spezialfahrzeugen (Hägglunds) ausgestattet. Die Transportkapazität der Logistiktruppe wird mit Lkw und Hakenladesystemen erhöht.

Mobilität in der Luft

Bei den Hubschraubern will das Bundesheer mittelfristig nur noch zwei Muster betreiben, den AW169 von Leonardo und den S-70 "Black Hawk". Deren Stückzahlen werden so weit erhöht, dass Soldaten in der Größenordnung einer Kompanie in einem "Lift" transportiert werden können. Die drei C-130 "Hercules" werden spätestens bis 2029 durch Transportmaschinen ähnlicher Größe ersetzt. Speerspitze der aktiven Luftraumüberwachung bleiben die 15 Eurofighter – und das "vermutlich bis Ende der 30er-Jahre". Sie sollen aber so schnell wie möglich nachteinsatzfähig gemacht werden. Zu weiteren Nachrüstungen bei Bewaffnung und Selbstschutz bzw. einer möglichen Ergänzung der Flotte um Zweisitzer hält man sich im Ministerium weiter bedeckt.

Es bleibt vorerst bei den 15 Eurofightern, die werden allerdings nachteinsatztauglich gemacht
Es bleibt vorerst bei den 15 Eurofightern, die werden allerdings nachteinsatztauglich gemacht © BMLV/Daniel Trippolt

Noch beurteilt wird im Verteidigungsministerium, ob nach dem ersatzlosen Ausscheiden der Saab 105 wieder Trainingsjets beschafft werden. Diese sollen dann auch Aufgaben der Luftraumüberwachung und Aufklärung übernehmen. Ziel bis 2032 ist jedenfalls, über einen längeren Zeitraum eine 24/7-Einsatzbereitschaft herstellen zu können.

Schutz und Wirkung

Für die Militärs ist das einer der wichtigsten Punkte im Paket: Schrittweise sollen alle 55.000 Soldaten des Aktiv- und Milizstandes entsprechend ihrer Funktion gut ausgerüstet werden – also mit Kugelschutzwesten, modernen Helmen, der neuesten Version des Sturmgewehrs 77 und einem zeitgemäßen Soldatenfunk. Essenziell ist auch die Nachtkampffähigkeit, derzeit verfügt das Heer insgesamt nur über rund 4000 Nachtsichtgeräte.

Alle Soldaten sollen moderne Ausrüstung und Sturmgewehre erhalten
Alle Soldaten sollen moderne Ausrüstung und Sturmgewehre erhalten © BMLV/Gerhard Hammler

Die noch vorhandenen 56 Leopard-Kampfpanzer und 112 Ulan-Schützenpanzer werden einer "Obsoleszenzbereinigung" unterzogen. Das heißt, sie werden auf einen technischen Stand gebracht, dass sie noch mehr als zehn Jahre lang weiterbetrieben werden können. Auch der Kauf neuer Schützenpanzer ist nicht ausgeschlossen.

Den größten Fähigkeitenzuwachs erfährt das Bundesheer in der bodengebundenen Luftabwehr. Geschlossen wird diese Lücke mit einem Fliegerabwehrsystem mit einer Reichweite von bis zu 40 Kilometern. Allein dafür gibt man mehr Geld aus als für den Kauf der 15 Eurofighter (rund 1,9 Milliarden Euro). Das Heer soll damit in der Lage sein, eine "Bubble" etwa im Ausmaß des Militärflughafens Zeltweg gegen Angriffe aus der Luft zu schützen – nicht jedoch gegen Raketenbeschuss. Im unteren Bereich der Luftabwehr kommen noch hinzu: Elektronische Drohnenabwehr, der Begleitschutz von Konvois und eine Kampfwertsteigerung der vorhandenen 35-Millimeter-Zwillingskanone.

Das norwegische Fliegerabwehrsystem NASAMS entspricht in etwa den Anforderungen des Bundesheeres
Das norwegische Fliegerabwehrsystem NASAMS entspricht in etwa den Anforderungen des Bundesheeres © Kongsberg

Massiv investiert wird in Aufklärungssysteme, diese decken alle Domänen von Luft über Land bis Cyber- und Informationsraum ab. Schon nächstes Jahr soll das Bundesheer kleinere Aufklärungsdrohnen erhalten. Unter dem Titel "Einsatzmittel abgestufte Wirkung" sind der Kauf von Munition und Waffen mit weitreichender Wirkung vorgesehen, die Rede ist von lasergesteuerter Artillerie.

Ebenfalls über das Investitionsbudget finanziert wird die verstärkte Übungstätigkeit der Truppe. Im Zuge dessen sollen auch die Truppenübungsplätze modernisiert werden, sodass eine realitätsnähere Darstellung möglich wird.

Autarkie und Nachhaltigkeit

Dabei geht es weniger um die Schaffung energieautarker Kasernen (dieses Projekt wird über das Regelbudget finanziert), sondern um deren stärkeren Schutz. So soll es wieder in allen Kasernen Schutzräume geben, die technische Absicherung nach außen wird verstärkt. Vor allem Liegenschaften der Luftstreitkräfte sollen besser gegen Beschuss und Luftangriffe geschützt werden. Die Bevorratung an Munition und Ersatzteilen wird deutlich erhöht. Abseits dessen wird der bauliche Zustand der Kasernen generell verbessert, deren Qualität soll künftig einer durchschnittlichen Mittelschule entsprechen.

Riesiger Aufholbedarf

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat immer wieder betont, dass das Heer nichts kaufen werde, was es nicht wirklich brauche. Angesichts der Tatsache, dass das Bundesheer seit Jahrzehnten unterfinanziert war, hat sich ein riesiger Investitionsrückstau gebildet, der nun abgebaut werden soll. Die nächsten beiden Jahre werden noch im Zeichen von Planungen stehen, ab 2025 sollen die Investitionen beim Heer ankommen. Letztlich soll die Armee mit ihren 55.000 Soldaten wieder in die Lage versetzt werden, eine größere Schutzoperation durchführen zu können. Dazu ist aber nicht nur eine moderne Ausrüstung, sondern auch mehr Ausbildung und Übung notwendig.