Mehr Mut und Fairness fordert Kärntens Landeshauptmann und stellvertretender SPÖ-Bundesparteivorsitzender Peter Kaiser von der ÖVP-Grüne-Bundesregierung, was die im Zuge der jetzigen Diskussion um die Bezahlung der Coronakrise wieder neu entzündete Forderung nach Vermögenssteuern betrifft.

„Wenn sich der Staat zu 80 Prozent aus Steuern auf Arbeit und Konsum finanziert, andererseits aber das reichste eine Prozent der Österreicher über 40 Prozent des Gesamtvermögens besitzt, und die ärmeren 50 Prozent der Österreicher gerade einmal 2,5 Prozent, dann müsste doch selbst den konservativsten Politikvertretern endlich ein Licht aufgehen“, begründet Kaiser. Dazu komme, dass Österreich im europaweiten Vergleich auch noch mit zu den Ländern mit der geringsten Vermögenssteuern zählt.

Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner befürchtet, dass die Kosten der Krise "wieder nur die ArbeitnehmerInnen zahlen":

Ersparnis durch Niedrigzinsen

Nach einem forschen Vorstoß für einen "rigorosen Beitrag von Millionen- und Milliarden-Erben" zur Finanzierung der Coronafolgen Anfang April rudert Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) Schritt für Schritt zurück. Jetzt erklärte er im ATV-Interview, man werde "Millionäre und Milliardäre nicht ganz außen vorlassen können", aber die Frage stelle sich "erst in ein paar Jahren". Die Frage der Millionärssteuer stellt sich aus seiner Sicht erst später, weil sich Österreich derzeit günstig Geld ausborgen könne. 

Dahinter steht offenbar die Erkenntnis, dass in den kommenden Jahren viele alte Kredite, die Österreich bei Investoren aufgenommen hat, auslaufen werden. Die Republik wird dieses Geld an Banken und Fonds nicht zurückzahlen, sondern sich neu verschulden – und dabei Milliarden sparen.

Der Standard berichtete vor kurzem über die Rahmenbedingungen:

  • Am 15. Juli 2020 wird ein seit 15 Jahren laufender Kredit der Republik, begeben in Form von Staatsanleihen, auslaufen. In Summe geht es dabei um 15 Milliarden Euro. Das Geld wurde zu einer Zeit ausgeborgt, als die Zinsen für Österreich hoch waren. Pro Jahr zahlt die Republik 3,9 Prozent Zinsen für das Darlehen.
  • Wenn die Republik das Geld nicht an Banken und Fonds zurückzahlt sondern neu ausborgt, muss sie für diesen neuen Kredit nur 0,1 bis 0,2 Prozent an Zinsen zahlen. Die Zinsersparnis beträgt mehr als eine halbe Milliarde Euro pro Jahr. Auch 2021 und 2022 werden ältere, höher verzinsliche Kredite auslaufen. Trotz der Corona-Ausgaben könnte die Republik somit sogar eine geringere Belastung haben als bisher.

"Rote Laterne abgeben"

Kaiser fordert dennoch eine Umverteilung über eine Vermögenssteuer.  „Das Österreich, das sich in viele Bereichen zurecht immer gerne als so fortschrittlich präsentiert, ist punkto faire Finanzierung des Staatshaushaltes höchstens Entwicklungsland. Deswegen: Schluss mit Relativierungen und mit den Ausreden! Österreich muss die rote Laterne bei Vermögenssteuern endlich abgeben“, so Kaiser weiter.

Gerade auch die Frage, wer die Folgen der Coronakrise zahlen werde, mache die Einhebung gerechter Beiträge von Vermögenden unausweichlich. „Was nicht sein darf, dass ÖVP und Grüne auch dabei die enorme Last auf den Schultern der arbeitenden Bevölkerung belässt“, so Kaiser. Er erinnert auch daran, dass der jetzt selbst von konservativen und neoliberalen Parteienvertretern wie der ÖVP viel gerühmte, aber einzig von der SPÖ in den letzten Jahren gegen deren Angriffe verteidigte Sozialstaat, ja auch für alle gleichermaßen da sei.

"Ein klassischer Polit-Umfaller"

Noch pointierter formulierte der Bundesvorsitzende der Sozialdemokraten in der Gewerkschsaft,  Rainer Wimmer: "Die türkisen Verteidiger der Reichen und Millionenerben setzen sich durch und pfeifen den Vizekanzler bei der gerechten Verteilung der Steuerlast zurück", warf er Kogler "einen klassischen Polit-Umfaller" vor.

Die Grünen würden sich dem Regierungspartner ÖVP völlig unterordnen "und verraten dabei ihre Prinzipien und politischen Kerninhalte", merkte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung an.

Wie "enorm wertvoll" der Sozialstaat sei, sehe man gerade in der Coronakrise. Auf Dauer werde es ihn aber nur geben können, wenn die Finanzierung breiter aufgestellt wird - indem große Erbschaften und Vermögen besteuert werden. Dies müsse man jetzt angehen, forderte auch Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung. Denn es sei "keine Option, dass die Beschäftigten die Krisenkosten mit Kürzungen im Sozialsystem bezahlen".