Lange ist darüber nur geredet worden, geschehen ist fast nichts. Das hat vor drei Wochen sogar den Europarat zu neuer, heftiger Schelte für Österreich animiert: Korruption werde hierzulande nicht ausreichend ernst genommen. Der Abwehrkampf sei bestenfalls im Frühstadium, heißt es im einschlägigen Bericht. So seien Polizei und Staatsanwälte nicht stark oder politisch unabhängig genug, um Bestechung "in vielen Bereichen" wirksam bekämpfen zu können. Konkret listet die Europarat-Rüge 24 Maßnahmen auf, die Österreich zur Eindämmung der Korruption endlich ergreifen sollte.

Sonderstaatsanwaltschaft. Nun hat eine neue Etappe begonnen. Am Freitag hat die noch von der früheren Regierung beschlossene Sonderstaatsanwaltschaft zur Korruptionsbekämpfung ihre Büros in der Nähe des Wiener Justizgebäudes bezogen. Leicht wird der Job nicht, wie Behördenleiter Walter Geyer zur Kleinen Zeitung sagt: Das Hauptproblem bei Ermittlungen gegen bestechliche Amtsträger - die neue Behörde ist ausschließlich zuständig, wenn Beamte im Spiel sind, private Korruption bleibt Sache der Wirtschaftspolizei - sei es, "das Gesetz des Schweigens, die Omerta" zu brechen.

"Kronzeugenregelung". An Korruption seien stets zumindest zwei Täter beteiligt. Die erzählten aber gewöhnlich kein Sterbenswort darüber. Deshalb sollte Österreich die Einführung einer Art "Kronzeugenregelung" diskutieren, die etwa dem Geständigen zumindest einen Teil der Schuld nachsieht. Da sei eine Möglichkeit, Täter gesprächiger machen, glaubt Geyer, der "ein gewaltiges Dunkelfeld" beamteter Korruption auch in Österreich vermutet. Allein die Tatsache, dass seit der Verschärfung der Anti-Korruptionsgesetze im Jänner 2008, die etwa das "Anfüttern" von Beamten mit Geschenken im Wert von über 100 Euro mit Strafe bedroht, keine einzige Anzeige gemacht worden sei, stützte diese Vermutung. Geyer hält daher im Rückblick auch die im Vorjahr kurzfristig große Aufregung unter Sponsoren "für stark übertrieben", die ankündigten, wegen verschärfter Korruptionsgesetze ihr Füllhorn nicht länger etwa über Festspiele ausleeren zu wollen.

Hohe Dunkelziffer. "Es muss eine hohe Korruptions-Dunkelziffer geben", glaubt auch der frühere Chef des Rechnungshofs und Korruptionskämpfer von "Transparency" Österreich, Franz Fiedler. Auch ihn macht stutzig, dass es trotz schärfere Gesetze keine neuen Korruptionsfälle gibt. "Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass dies die Realität widerspiegelt". Personell ist die neue Anti-Korruptionsbehörde mit zunächst nur drei für sie arbeitenden Staatsanwälten zwar noch schwachbrüstig, doch sehr prominent ausgestattet: Neben Chef Walter Geyer wurde ihr Katja Wallenschewski zugeteilt, die sich etwa als Staatsanwältin in der Visa-Affäre einen Namen gemacht. Auch der als Bawag-Ankläger bekannt gewordene Georg Krakow gehört zum Trio. "Kein Kommentar" sagt er auf die Frage, wie lange - dürfte er doch der Kabinettschef der nächsten Justizministerin, von Ex-Bawag-Richterin Claudia Bandion-Ortner werden.