Im Zuge des Gedenkdienstes engagiert sich die 23-jährige Oberösterreicherin Luise Pesendorfer in der historischen Abteilung des "United States Holocaust Memorial Museum" in Washington. Beim Gedenkdienst handelt es sich um eine politisch unabhängige und überkonfessionelle Organisation, die sich mit den Ursachen und Folgen des Nationalsozialismus und seinen Verbrechen auseinandersetzt.

Luise hat sich für die historische Arbeit, das Übersetzen von Dokumenten in einem Museum, entschieden. Sie hat bereits Englisch und Geschichte auf Lehramt studiert und kann dort nun ihr Wissen umsetzen. Die 23-Jährige wollte nach der Uni schon immer ins Ausland, die Zeit aber trotzdem sinnvoll nutzen. Für sie geht es beim Gedenkdienst nicht nur um das Wissen um die Vergangenheit, sondern auch um das Übernehmen von Verantwortung, Erinnerungen aufrecht zuhalten und diese weiterzugeben.

Überlebende und ihre Nachkommen

Im November verlieh die österreichische Botschaft Nachkommen von Menschen, die das Land wegen der Verfolgung der Nationalsozialisten verlassen mussten, die österreichische Staatsbürgerschaft. Das sieht die Oberösterreicherin positiv, denn man hätte gemerkt, wie wichtig den Menschen ihr Recht auf die Staatsbürgerschaft und die offizielle Anerkennung ihres Verlustes war. "Das hat mir noch einmal verdeutlicht, dass der Holocaust nicht nur etwas aus der Vergangenheit ist, sondern bis heute unsere Gesellschaft prägt", sagt sie.

Im Museum hat sie sich am "Sitting at the Survivors' Desk" mit einer Holocaust-Überlebenden unterhalten. Die Frau habe erst vor zehn Jahren angefangen, über die grausamen Erlebnisse zu sprechen, aber sie sehe es als ihre Pflicht an, das Wissen weiterzugeben. Es sei vor allem wichtig, Geschichte von jenen Menschen zu hören, die ein Konzentrationslager wirklich erlebt haben. Auch wenn sie sich an manches, wie die Trennung ihrer Mutter nach der Ankunft in Auschwitz, nicht mehr erinnern kann. Wahrscheinlich hat sie die Erinnerung an dieses traumatische Erlebnis unterdrückt und verdrängt, vermutet Luise.

Eine der Hauptaufgaben der 23-Jährigen ist das Übersetzen von Dokumenten. Sie erinnert sich an die Briefe und Schriftstücke aus den 1950er-Jahren zu Restitutionsforderungen einer in die USA immigrierten Frau, die ihre Familie durch den Holocaust verloren hatte. Daraus geht hervor, wie schwierig dieser Prozess war, da mit Dokumenten, Zeuginnen und Zeugen genau belegt werden musste, dass das Leben vor der Machtübernahme genau so war, wie sie es behauptete. Zehn Jahre dauerte die Abarbeitung der Forderungen.

© Luise Pesendorfer

Die "Ringelblum-Milchkanne"

In der Dauerausstellung des "United States Holocaust Memorial Museum" ist Luise besonders eine Milchkanne aus dem "Ringelblum"-Archiv, benannt nach dem Historiker Emanuel Ringelblum, aus dem Warschauer Ghetto in Erinnerung geblieben. Dokumente und Archivmaterial wurden in Milchkannen gesammelt und noch vor dem Aufstand des Warschauer Ghettos im Wald vergraben.

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Antisemitismus heute

Erst am Dienstag stand ein 40-Jähriger in Salzburg wegen Verharmlosung der Judenverfolgung vor Gericht. Er teilte Videos über soziale Medien, in denen er einen handgroßen, gelben Stern in die Kamera hält, auf dem "Ungeimpft" stand. Kein Einzelfall. Im Jahr 2021 kam es zu 226 Verurteilungen wegen Wiederbetätigung.

Für Luise ist vor allem Prävention und Aufklärung an Schulen sehr wichtig. Auch wenn der Zweite Weltkrieg viel Raum im Lehrplan einnimmt, sollte noch mehr Aufklärungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen geleistet werden.

Außerdem sei die Arbeit von Vereinen wie dem Gedenkdienst, diese zu fördern, Arbeit in Museen, das Erhalten und die Weitergabe der Erinnerungen von Zeitzeuginnen und -zeugen wichtig. Man müsse sich aktiv gegen diskriminierende Strömungen stellen. "Es ist die Aufgabe jeder einzelnen Person, sich aktiv gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung einzusetzen und zu sagen 'Das ist nicht in Ordnung.'"