Wie sehr stehen die Industriestaaten in der Verantwortung für jene Schäden, die sich in Entwicklungsländern durch den Klimawandel niederschlagen? Diese Frage steht im Zentrum der derzeit laufenden UN-Klimaverhandlungen im ägyptischen Sharm el-Sheikh. Die Staaten des globalen Südens verlangen mit Verweis auf schwere Dürren, Flutkatastrophen und steigenden Meeresspiegel die Einrichtung eines eigenen Finanzierungsinstruments, über das die Länder des globalen Nordens, die für den Gutteil der bisherigen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, Finanzhilfe leisten. Derartiges existiert bisher nur für Maßnahmen zur Einschränkung des Treibhausgasausstoßes und zur Klima-Anpassung. Ein eigener Geldtopf für "Loss & Damage", wie die Klimaschäden in der UN-Sprache genannt werden, wäre etwas völlig Neues und wurde bisher unter anderem von den USA und der EU strikt abgelehnt.

Nachdem es das Thema nun aber auf die Tagesordnung der Konferenz geschafft hat, zeichnet sich in der Sache Bewegung ab. So schlossen sich Deutschland und Belgien am Montag mit mehreren kleinen Industriestaaten zusammen, um freiwillig Geld für Klimaschäden zur Verfügung zu stellen. Und auch Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler kündigt nun an, dass sie aus ihrem Budget für die nächsten vier Jahre mindestens 50 Millionen Euro für "Loss & Damage"-Finanzierungen aufbringen werde. Das Geld könne auch in bereits bestehende freiwillige Finanzierungsmechanismen wie etwa das "Santiago Network für technische Unterstützung zu Verlusten und Schäden" fließen, heißt es aus dem Ministerium. "Österreich übernimmt Verantwortung und wird zum Vorreiter in der internationalen Klimafinanzierung", sagt Gewessler.

Gewaltiger Finanzbedarf

Zusätzlich will das Klimaministerium aus eigenen Rücklagen noch heuer weitere 10 Millionen Euro für die internationale Klimafinanzierung locker machen. Die Hälfte davon soll in den "Adaption Fund" fließen, der eingerichtet wurde, um Entwicklungsländern bei der Anpassung an die klimawandelbedingten Veränderungen zu helfen.

Verglichen mit dem gesamten Finanzierungsbedarf ist Österreichs Beitrag freilich verschwindend gering. Laut einem aktuellen Bericht im Auftrag von Ägypten und Großbritannien beläuft sich der gesamte Finanzierungsbedarf der Entwicklungsländer in Sachen Klimawandel (von der Emissionssenkung über die Anpassung bis zur Schadensfinanzierung) bis 2030 auf 2,4 Billionen Dollar jährlich. Eine Billion davon könne nicht von den Staaten selbst aufgebracht werden und müsse daher von außen – sprich aus den Industriestaaten – fließen.

Van der Bellen: "Wir können uns nicht freikaufen"

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen verwies am Dienstagvormittag in Sharm el-Sheikh in seiner Eröffnungsrede vor dem Plenum auf Österreichs Budget für die internationale Klimafinanzierung, das bis 2026 in Summe um 220 Millionen Euro (auf insgesamt 340 Millionen Euro, Anm.) erhöht werde. "Dass Österreich hier durch einen höheren Beitrag Solidarität zeigt, war mir auch als Bundespräsident wichtig", so Van der Bellen, der in seiner Ansprache aber auch warnte, dass sich die Gespräche nur auf Fragen der Finanzierung beschränken. "Denn eines ist klar: Wir können uns von der Klimakrise nicht freikaufen."

Alexander Van der Bellen bei seiner Rede auf der Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh
Alexander Van der Bellen bei seiner Rede auf der Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh © APA/AFP/AHMAD GHARABLI

Die Klimaziele der einzelnen Staaten seien nun mit konkreten Taten zu untermauern. "Sonst sind sie nur bla, bla, bla, wie Greta Thunberg sagen würde", so Van der Bellen. Für die Aussagen der schwedischen Klima-Aktivistin äußerte der Bundespräsident Verständnis. "Ich verstehe Gretas Kritik an den Weltklimakonferenzen. Ich verstehe, dass der Jugend – aber nicht nur der Jugend – die Geduld ausgeht." Van der Bellens Appell ans Plenum: "Tun wir gemeinsam alles dafür, dass zukünftige Generationen auf einem lebenswerten Planeten zu Hause sein können!"