Cyberkriminalität ist die Verbrechensform mit den höchsten Wachstumsraten in den letzten Jahren. In der Bekämpfung sind die Behörden den Kriminellen meist um ein bis zwei Schritte hinterher. Diese Erkenntnis ist nicht neu, der Rechnungshof (RH) hat das jetzt aber nach eingehender Untersuchung bestätigt. Vor allem in der Justiz, aber auch in der polizeilichen Präventions- und Ermittlungsarbeit gibt es noch viel Aufholbedarf.

Es beginnt schon mit dem Begriff "Cybercrime" an sich. Der RH bemängelt in seinem am Freitag erschienenen Bericht, dass Polizei und Justiz dabei nicht immer von der selben Sache sprechen und empfiehlt eine von beiden Ministerien abgestimmte Deliktsdefinition. Damit könne man auch genauere Statistiken führen und zielgerichteter agieren.

Untersucht wurde der Zeitraum 2016 bis 2019, einiges hat sich in der Zwischenzeit zum Besseren geändert, erkennen die Prüfer an. So fand 2021 das Deliktsfeld "Hass im Netz" Eingang in das Strafgesetzbuch. Schäden in dreistelliger Millionenhöhe richten jedoch die Betrugsfälle im Netz jedes Jahr an. Der Trend hat sich während der Corona-Pandemie noch verstärkt.

Schon zuvor hatte sich die Zahl der angezeigten Straftaten im Bereich Cybercrime zwischen 2016 und 2019 verdoppelt. "Die Gesamtzahl z.B. der Bediensteten der Assistenzbereiche IT–Beweissicherung der Landeskriminalämter stieg im gleichen Zeitraum lediglich von 73 auf 85 Vollzeitäquivalente", vergleicht dazu der RH. Die Aufklärungsrate sank im gleichen Zeitraum auf 35,8 Prozent, mangels geeigneter Schnittstellen lasse sich nicht sagen, wie viele der geklärten Taten auch zu Anklagen und Verurteilungen bei Gericht führten. Bei der Justiz scheinen nur rund 1000 Verurteilte und 500 Diversionen auf.

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Der Bericht

Überhaupt sehen die RH-Prüfer die Staatsanwaltschaften weder technisch noch organisatorisch ausreichend für den komplexen Cybercrime-Bereich gerüstet. In der Aus- und Fortbildung würde das nur rudimentär behandelt. Eine Spezialisierung von Staatsanwälten wäre hier angebracht.

Auch dem Innenministerium empfiehlt der Rechnungshof, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, die Ausbildung zu verstärken und eine einheitliche Strategie in der Bekämpfung von Cybercrime zu verfolgen. Derzeit gebe es nur viele "Insellösungen". Bei der technischen Ausstattung war man im Berichtszeitraum vielerorts nicht auf Höhe der Zeit. So berichtet der RH, dass "in zwei Bundesländern (Niederösterreich und Steiermark) nur 50 Prozent der Bezirks–IT–Ermittlerinnen und –Ermittler mit der vorgesehenen Hardware ausgestattet" waren. In einigen Landeskriminalämtern fehlten die notwendigen Internetanschlüsse und Bandbreiten.

Über Letzteres zeigen sich die steirischen Neos "erschüttert" und fühlen sich an die Satire-Serie "MA 2412" erinnert. Sie fordern mehr Mittel für die Bekämpfung von Cyberkriminalität im Innenministerium.

Personal wird verdoppelt

Das Innenministerium verwies in einer Stellungnahme auf den RH-Bericht auf die beschlossene "Kriminaldienstreform 2.0" im Jahr 2021. Neben dem Ausbau und der Weiterentwicklung von 'High Level'-Ermittlungen in den Zentralstellen und auf Landesebene sowie der internationalen Kooperation wird eine fundierte Basisarbeit auf regionaler Ebene von enormer Bedeutung sein", hieß es in der der APA übermittelten Stellungnahme. Außerdem werde "basierend auf dem Konzept, welches dem Rechnungshof bei seiner Überprüfung vorgelegt wurde", das C4 (Cybercrime Competence Center) "zu einer modernen High-Tech-Crime-Unit ausgebaut und das bestehende Personal von 60 auf 120 Bedienstete verdoppelt".

Dazu sei die Zusammenarbeit mit der Justiz in Cyberangelegenheiten im vergangenen Jahr "massiv verstärkt" worden, betonte das Innenministerium. Als Beispiel wurden gemeinsame Projekte wie die "Zentrale Anfrageplattform für Social-Media-Provider" und die "Sicherstellung von Cryptowährungen" genannt. "Darüber hinaus wurde eine Arbeitsgruppe zur Verschärfung von cyberrelevanten Strafrechtsdelikten ins Leben gerufen", hieß es.