Am 18. Mai habe er den am Samstag ermordeten Martin B. vor einem konkreten Mordkomplott gewarnt, erzählte Abdurachmanow am Mittwochabend in einen Telefonat mit der APA.

Anfang Februar war der gebürtige Tschetschene Imran Alijew, der unter dem Pseudonym Alter Mansur den tschetschenischen Regionalpräsidenten Ramsan Kadyrow in Youtube-Videos wüst beschimpft hatte, im nordfranzösischen Lille einem Messerattentat zum Opfer gefallen. Wenige Monate später starb nun in Österreich der ebenso aus Tschetschenien stammende Martin B., der unter dem Namen Ansor aus Wien Kadyrow zuvor monatelang ebenso im Internet beflegelt hatte. Bereits im vergangenen August war der georgische Staatsbürger Selimchan Changoschwili, der einer tschetschenischen Minderheit Georgiens angehörte und gegen Russland gekämpft hatte, in Berlin von Schüssen niedergestreckt worden.

Russland stecke hinter allen Morden

Alle diese Morde verbinde, dass auf die eine oder andere Weise Russland dahinter stecke, erklärte der im schwedischen Exil lebende Abdurachmanow gegenüber der APA. Auch Kadyrow sei schließlich ein russischer Amtsträger. Der als scharfzüngig bekannte Videoblogger erreicht mit seinen Beiträgen ein großes tschetschenisches Publikum und hat damit enge Kadyrow-Mitstreiter äußerst erzürnt. Ende Februar hatte der 34-Jährige einen aus Russland angereisten Attentäter gerade noch rechtzeitig überwältigen können.

Europas Reaktion reiche nicht aus

"Es ist offensichtlich, dass die bisherigen Reaktionen europäischer Staaten auf derartige Verbrechen nicht wirksam sind", sagte er. Nach Changoschwilis Ermordung seien zwei Diplomaten aus Deutschland ausgewiesen, nach der Vergiftung der Familie Skripal in Großbritannien im März 2018 sei ähnliches passiert. Russland habe das aber nicht davon abgehalten, derartige Verbrechen im Ausland zu begehen.

"Deshalb müssen andere Schritte gesetzt werden. Welche das sein könnten, weiß ich nicht, ich bin weder Diplomat noch Politiker. Damit müssen sich Experten beschäftigen", sagte Abdurachmanow. Er zeigte sich überzeugt, dass hinter den Morden an Alter Mansur und Ansor aus Wien jeweils Ramsan Kadyrow stünde. Kadyrow-Anhänger hätten am Wochenende erfreute Nachrichten im Internet verbreitet, Samstagnacht habe es in Tschetschenien vereinzelt Feuerwerke gegeben, erzählte er. Konkrete Orte konnte der Blogger auf APA-Nachfrage jedoch nicht nennen.

Blogger warnte das Mordopfer

Dafür berichtete Abdurachmanow, dass er Martin B. am 18. Mai explizit gewarnt habe. "Zu diesem Zeitpunkt war die Rede davon, das seine Liquidation eine beschlossene Sache ist und sie einen Weg suchen, wie der Killer nach der Tat hinausgebracht werden kann", sagte er. Die Rede sei damals auch von Kopfgeld in der Höhe von 20 Millionen US-Dollar gewesen.

Ob diese Summe überhaupt realistisch sein könnte, wollte der Blogger nicht beurteilen. "Was Ansor sich in seinen Äußerungen getraut hat, war aus unserer Sicht auch jenseits einer normalen Vorstellung von Kritik. Womöglich hat die Summe auch damit zu tun", erläuterte er.

Die Handlungen des mutmaßlichen Todesschützen sah Abdurachmanow als ausschließlich ökonomisch motiviert, ein ideologisches Motiv schließt er aus. "Ich habe gehört, dass Tschetschenen in Österreich ihn für einen Kadyrow-Anhänger erachteten, der für russische Dienste arbeitet und dem man nicht vertrauen kann", sagte der Blogger.