Die Zielfahnder des Bundeskriminalamtes (BK) haben am vergangenen Samstag in Wien einen mutmaßlichen Millionenbetrüger aus den USA festgenommen. Einen diesbezüglichen Bericht der "Kronen Zeitung" (Donnerstagsausgabe) bestätigte das BK. Der 71-jährige Arzt aus Kalifornien soll die Versicherungsanstalten des US-Gesundheitswesens um 7,3 Millionen Dollar (6,45 Mio. Euro) betrogen haben.

Gegen den Mediziner bestand ein internationaler Haftbefehl. Der Verbindungsbeamte des FBI in der Wiener US-Botschaft und die Zielfahnder des Bundeskriminalamtes standen im Vorfeld der Verhaftung in engem Kontakt. Der Festgenommene wird verdächtigt, im Zeitraum von Mai 2018 bis Februar 2019 das Wachstumshormonmedikament Serostim HIV-Patienten verschrieben zu haben. Diese sollen es auf Kosten der Versicherung erworben und dem Arzt zurückverkauft haben, der es dann um ein Vielfaches an private Abnehmer veräußert haben soll.

Das Medikament wird an sich zur Behandlung von HIV- und AIDS-Patienten eingesetzt, um den krankheitsbedingten Gewichtsverlust zu behandeln. Die Kosten einer solchen Behandlung werden von den US-Krankenversicherungen wie beispielsweise "Health Net", "Gena", "Medicare" und "Medicare Plan" getragen, so das Bundeskriminalamt. Für das teure Medikament besteht jedoch auch eine Nachfrage bei Nicht-HIV-Patienten, da es die Eigenschaft hat, schlankes Muskelgewebe zu erzeugen und so als Anti-Aging-Produkt verwendet wird.

Aus Life-Ball-Besuch wurde nichts

Abgesehen davon wird dem 71-Jährigen vorgeworfen, den Krankenkassen Injektionen verrechnet zu haben, die er weder verabreicht und deren Medikamentendosis er meist auch nicht an die Patienten weitergegeben hatte. Als Mittäter werden HIV-Patienten beschuldigt, für deren Versicherungsbeiträge, Selbstbehalte und etwaige Behandlungen er finanziell aufkam und die er für ihre Mithilfe und ihr Stillschweigen bezahlte.

Laut Bundeskriminalamt war der Arzt in Wien, um den Life Ball zu besuchen und hatte für Montag einen Weiterflug nach Tel Aviv gebucht. Aus beidem wurde aber nichts.

US-"Most Wanted" ausgeliefert

Unterdessen wurde mehr als ein Jahr nach seiner Verhaftung ein nun 51-jähriger US-Amerikaner den US-Behörden übergeben . Das sagte der Sprecher des Bundeskriminalamts (BK), Vincenz Kriegs-Au, am Donnerstag der APA. Der ehemalige Soldat war im April 2018 in der Wiener City festgenommen worden, nachdem er rund sieben Jahre untergetaucht war. Er stand auf der Liste der Meistgesuchten in den USA.

Der aus Madison im US-Staat Wisconsin stammende Ex-Soldat hätte sich im Jahr 2011 wegen 74 Anklagepunkten, darunter sexueller Missbrauch und Stalking, Körperverletzung, Kidnapping und Besitz von Kinderpornografie, vor Gericht verantworten sollen, tauchte aber unter. Er soll u.a. seine ehemalige Lebensgefährtin verfolgt, verprügelt und zu entführen versucht haben, als sie ihn verlassen wollte. Später erhoben weitere Ex-Freundinnen ähnliche Vorwürfe.

Auf Ersuchen der US-Behörden hatte die Staatsanwaltschaft Wien Haftbefehl erlassen, die Zielfahnder machten den Gesuchten in Zusammenarbeit mit dem U.S. Marshal Service und einem Verbindungsbeamten der US-Botschaft ausfindig. Der Ex-Marine war bei seiner Festnahme in einem Einzelhandelsgeschäft in der Innenstadt unbewaffnet. Er dürfte sich vor seiner Verhaftung Ende April 2018 längere Zeit in Wien aufgehalten haben.

Im März diesen Jahres hatte das Oberlandesgericht Wien (OLG) die Auslieferung bewilligt. Am Donnerstag wurde der Irak-Veteran dem US Diplomatic Security Service übergeben. Kriegs-Au lobte die gute Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskriminalamt und der US-Botschaft.