Ein "Staatsverweigerer" hat am Montag am Landesgericht Krems 18 Monate Haft, davon zwölf Monate bedingt, wegen versuchter Erpressung und versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt ausgefasst. "Ich verzichte auf dieses Privileg, verurteilt zu werden", reagierte der 46-Jährige. Er verfolgte die Verhandlung stehend und mit großteils geschlossenen Augen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Angeklagte habe sich Mitte 2015 entschieden, sich vom Staat zu verabschieden, sagte der Staatsanwalt. Der 46-Jährige "trat einem Wahnsystem bei und spielt diese Rolle bis jetzt konsequent weiter". Der Eigentümer einer Liegenschaft im Bezirk Horn hatte laut Anklage monatelang Müllabfuhr- und Gemeindegebühren sowie Pflichtversicherungsbeiträge nicht bezahlt und mehreren Personen, etwa dem Bürgermeister, "Rechnungen" über jeweils rund zehn Millionen Euro für die Copyrightverletzung seines Namens geschickt.

"Ich bin nur dem Schöpfer unterworfen"

Außerdem soll er im US-Schuldenregister Uniform Commercial Code (UCC) Pfandrechtstitel gegen einige Empfänger eingetragen haben. Dem Amtsleiter des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes teilte der 46-Jährige laut Staatsanwaltschaft schriftlich mit, ihn privat und unbegrenzt haftbar machen zu wollen, sollte er nicht für die Einstellung aller aktuellen und künftigen Exekutionen des Verbandes gegen ihn sorgen.

Der 46-Jährige, der seit 23. Dezember in U-Haft saß, äußerte sich nicht zu den Vorwürfen der Anklagebehörde. Stattdessen meinte er immer wieder zur Einzelrichterin: "Ich bin ein lebender Mann aus Fleisch und Blut, ein beseeltes Wesen. Ich bin nur dem Schöpfer unterworfen. Nur mein Schöpfer kann über mich richten. Sind Sie mein Schöpfer?" Auf dem für ihn vorgesehenen Stuhl wollte er nicht Platz nehmen, er blieb im hinteren Teil des Gerichtssaales stehen.

"Ich habe mich bedroht gefühlt, weil ich mir keiner Schuld bewusst bin. Wenn es wirklich um zehn Millionen Euro geht, weiß ich, dass ich diesen Betrag nicht zahlen kann", sagte der Bürgermeister der Wohnsitzgemeinde des Angeklagten als Zeuge. "Ich fühlte mich massiv unter Druck gesetzt. Ich bin als Privatperson nicht gerne in einem Schuldenregister eingetragen", meinte die ebenfalls betroffene Vizeortschefin.

Bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) bezahlte der 46-Jährige Beiträge in Höhe von 244,66 Euro nicht, auch hier gingen Schreiben des Angeklagten ein. Den ersten Brief habe er nach drei gelesenen Zeilen in den Papierkorb geworfen, erzählte ein hochrangiger SVB-Vertreter. Später sei er "darauf aufmerksam gemacht worden, dass das doch ernst zu nehmen ist". Ein SVB-Funktionär wunderte sich über die vom Beschuldigten vorgeworfene Copyrightverletzung: "Dann könnte in Österreich ja nichts mehr vollzogen werden, wenn kein Name verwendet werden darf."

Rechte und Pflichten

Zahlreiche der zwölf "Rechnungs"-Empfänger berichteten, dass sie sich bedroht gefühlt hätten. "Ich bin jetzt noch baff", betonte eine SVB-Vertreterin. Sie habe die Briefe des Angeklagten ernst genommen: "Ich habe mir gedacht, das darf nicht wahr sein. Wir leben in einem Rechtsstaat, in einer Demokratie. Da gibt es Rechte, aber auch Pflichten." Sie habe Bedenken gehabt, dass es bei einer Einreise in die Vereinigten Staaten Probleme geben könnte, wenn sie in einem US-amerikanischen Schuldenregister eingetragen sei.

Die Richterin hatte keine Zweifel, dass die Schreiben vom Angeklagten verfasst wurden und den Zweck hatten, sich zu bereichern und die zuständigen Beamten an einer Amtshandlung - nämlich der Eintreibung von Gebühren - zu hindern. "So ein Vorgehen darf natürlich keinesfalls Schule machen, da muss man als Staat vehement dagegen auftreten", betonte sie mit Verweis auf Gruppierungen, die Rechte, aber keine Pflichten anerkennen würden. Der Angeklagte verharre "eins zu eins" in seinem Verhalten.

Als mildernd wurde der bisher ordentliche Lebenswandel des Mannes berücksichtigt. Die Strafe sei bei einem Rahmen von bis zu fünf Jahren im unteren Bereich geblieben, so die Richterin. Der 46-Jährige wollte sich auch nach der Urteilsverkündung nicht mit seinem Verteidiger besprechen, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.