Bald wird es strengere Regeln für Beiß- und Angriffstraining von Schutzhunden geben und der Qualzucht ein Ende gesetzt. Wie Tierschutzminister Johannes Rauch (Grüne) am Samstag bei einem Pressegespräch im Wiener TierQuartier berichtete, wird die Novelle zum Tierschutzgesetz im April im Nationalrat behandelt. Für die Haltung von Hunden und exotischen Wildtieren wird zudem in Zukunft ein Sachkundenachweis erforderlich. Außerdem steht bald auch der Kauf von illegalen Welpen unter Strafe.

Absichtlich scharf machen? Damit ist nun Schluss!

Die Bundesregierung hat sich nun auf neue Regeln zum besseren Schutz von Heimtieren geeinigt. Immer wieder habe es in der Vergangenheit gefährliche Angriffe von Hunden auf Menschen gegeben. Eine besondere Gefahr gehe dabei von jenen Hunden aus, die von ihren Halterinnen und Haltern absichtlich scharf gemacht werden. Damit ist nun Schluss. Sowohl die Tiere als auch Halterinnen und Halter sowie Trainerinnen und Trainer müssen Prüfungen absolvieren, ansonsten ist jedes Beiß- und Angriffstraining verboten. Diese Regelung gilt österreichweit. Ausgenommen sind weiterhin Diensthunde des Bundes, also der Polizei, des Zolls und des Bundesheeres.

"Wir haben in den vergangenen Monaten verschiedene Varianten diskutiert: ein komplettes Verbot des Beiß- und Angriffstrainings oder eine strenge Regulierung", sagte Rauch. "Nach langen Diskussionen mit Expertinnen und Experten haben wir uns für sehr strenge Auflagen entschieden, unter denen der Schutzhundesport weiter möglich sein wird. Wir glauben, dass bei einem kompletten Verbot der Teil der Szene, wie es oft so ist, im Verborgenen weiter gemacht hätte", argumentierte der Minister.

Für alle Hunde, die als Schutzhunde ausgebildet werden, ist auch eine verpflichtende Wesensprüfung erforderlich, sowie ein veterinärmedizinisches Attest. Das Mindestalter der Hunde liegt bei zwölf Monaten. Die Wesensprüfungen finden an Ort und Stelle bei den Vereinen statt und werden von zertifizierten Prüferinnen und Prüfern durchgeführt. "Nur wenige Hunde sind vom Charakter her überhaupt für eine Schutzhundeausbildung geeignet", meinte Rauch.

Für Halterinnen und Halter wird ebenfalls eine Qualitätssicherung im Rahmen einer Prüfung eingeführt sowie eine Verpflichtung, einen Strafregisterauszug vorzulegen. Die Prüfung soll für die Betroffenen österreichweit leicht zugänglich sein. Auch diese Inhalte werden von Expertinnen und Experten gemeinsam mit den betroffenen Verbänden erarbeitet. Alle an der Ausbildung oder am Beiß- und Angriffstraining beteiligten Personen benötigen künftig eine Ausbildung und Zertifizierung. Die Prüferinnen und Prüfer werden von einer unabhängigen, wissenschaftlichen Stelle zertifiziert.

"Wir dürfen eines nicht vergessen, es geht um Verantwortung. Verantwortung für ein Lebewesen, es geht aber auch um Verantwortung in unserer Gesellschaft", meinte Bundespolizeidirektor Michael Takacs. "In der Diensthundeausbildung der Polizei gibt es ganz klare Regeln und ganz klare Richtlinien, und eine ständige Überprüfung der Qualität." Takacs zeigte sich erfreut, dass diese Anforderungen nun auch außerhalb von Organisationen wie der Polizei zu tragen komme. "Bis dato hat es keine Überprüfung gegeben. Ein jeder konnte ausbilden, ein jeder konnte einen Verein gründen, unerheblich der Qualifizierung."

Behörden können gegen Qualzüchter vorgehen

Mit der neuen Novelle soll auch der Qualzucht ein Ende gesetzt werden. Die Tiere aus einer solchen Zucht kämpfen oft mit schweren Gesundheitsproblemen wie zu kurzen Schnauzen, ständiger Atemnot oder kaputten Gelenken. "Wir richten eine Qualzucht-Kommission ein", kündigte Rauch an. "Sie wird die Merkmale von Qualzucht nach streng wissenschaftlichen Standards festlegen. Denn bei der Qualzucht, das wissen wir, steckt der Teufel sehr im Detail." Diese Kommission mit eigener Geschäftsstelle wird auch Zuchtprogramme von Verbänden überprüfen und die Vollzugsorgane unterstützen. Mit dieser Grundlage können die Behörden künftig gegen Züchterinnen und Züchter vorgehen, die solche Tiere zur Zucht einsetzen. Wie auch bisher enthält der Gesetzesvorschlag ein klares Ausstellungs- und Werbeverbot von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen. Es kann dann sein, dass künftig bestimmte Rassen von der Zucht ausgeschlossen sind, wenn Merkmale - wie etwa bereits jahrelang kurz gezüchtete Schnauzen - schon zu weit fortgeschritten sind. "Nur gesunde Tiere" sollen zur Zucht zugelassen sein, so Rauch.

Mit der neuen Novelle soll auch weiter dem illegalen Welpenhandel der Kampf angesagt werden. Zukünftig wird nicht nur der Verkauf von illegalen Tieren, sondern auch der Kauf unter Strafe gestellt sein. "Die Tiere werden unter wirklich unvorstellbaren Bedingungen gezüchtet", sagte der Minister. "Der Erwerb solcher Tiere aus zwielichtigen Quellen - via Kofferraum, via Bestellung, auf Autobahnparkplätzen, im Internet - soll schlicht unterbunden werden, weil damit massives Tierleid verbunden ist."

Nachweis für den Erwerb von „exotischen Wildtieren“ erforderlich

Neu ist auch eine verpflichtende Ausbildung für die Haltung von exotischen Tieren und Hunden. Da die Haltung von "exotischen Wildtieren" immer beliebter wird, diese Tiere aber besondere Anforderungen bei der Haltung haben, muss auf ihre Bedürfnisse eigens eingegangen werden, bevor man sich ein solches Tier kauft. Deshalb wird jetzt ein eigener Nachweis der Sachkunde für die Haltung von Amphibien, Reptilien und Papageien von vier Stunden eingeführt, den man dann beim Kauf vorlegen muss. Für den Besitz von Hunden ist nun auch österreichweit eine zweistündige Praxiseinheit vorgeschrieben. In manchen Bundesländern wie etwa in Wien gibt es bereits schon theoretische Sachkundekurse, nun kommt auch der praktische Kurs hinzu. Um den besonderen Haltungsanforderungen von Kamelen und Büffeln gerecht zu werden, enthält das Tierschutzpaket auch ein Verbot des Einsatzes im Zirkus.

"Tierhaltung bedeutet auch die Übernahme von Verantwortung", sagte der Minister. "Tier sind keine Gegenstände, die man im Internet bestellt und dann zurück gibt, wenn's nicht passt." Ein zweistündiger Praxiskurs würde "vor Spontankäufen schützen", so Rauch.

"Es ist gut, dass es nun strenge, aber auch praxistaugliche Regeln für die Ausbildung gibt. Es war mir wichtig, dass wir dabei die Diensthunde von Bundesheer und Polizei berücksichtigen und zugleich strenge, aber nachvollziehbare Regeln für jene schaffen, die mit ihrem Hund eine Schutzhunde-Ausbildung machen wollen", erklärte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einer schriftlichen Stellungnahme. "Niemand will, dass ausgebildete Hunde in die falschen Hände geraten."

Großteils positives Feedback

In ersten Reaktionen wurden die neuen Richtlinien größtenteils begrüßt. Als „erste Schritte in die richtige Richtung“ bezeichnete etwa der Österreichische Kynologenverband (ÖKV) die Novelle. „Einzelne Punkte wie das Schaffen einer Qualzucht-Kommission unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten der Hundezucht- und -halteverbände sind zu begrüßen. Auch die weiterhin bestehende Anerkennung der Hundezucht als Liebhaberei ohne Gewerbeabsicht ist enorm wichtig für eine verantwortungsvolle und funktionierende Hundezucht. Entscheidend werden aber die Ausformulierung des Begutachtungstextes und die Umsetzung sein“, so ÖKV-Vorstand Philipp Ita. Stärkere Bemühungen und schärfere Vorgaben wünscht sich der ÖKV bei illegalen Importen und illegalem Handel. Zur Regelung des Gebrauchshundesports meinte Ita, dass dabei Vorschläge und die Sofortmaßnahmen ÖKV berücksichtigt und „eine praktikable Lösung gefunden“ wurde.

„Wir hätten mit einer Umsetzung des Tierschutzpakets schon fast nicht mehr gerechnet“, sagte auch Tierschutz Austria-Präsidentin Madeleine Petrovic. „Eine Verschärfung des Qualzuchtverbots, ein verpflichtender Sachkundenachweis für die Haltung von Hunden und exotischen Tieren sowie strengere Regeln für das Beiß- und Angriffstraining mit Hunden sind richtige Schritte, die längst überfällig gewesen sind.“ Sie sprach sich allerdings erneut für ein komplettes Verbot des Beiß- und Angriffstrainings bei Hunden, mit Ausnahme des öffentlichen Diensts, aus. „Wir warten nun noch den finalen Entwurf ab, den wir detailliert analysieren und dann eine ausführliche Stellungnahme im Rahmen des Begutachtungsprozesses abgeben werden, damit das Gesetzespaket hoffentlich noch nachgebessert wird“, so Petrovic.

„Dass sich die Koalitionspartner mehr als drei Jahre nach der Tierschutz-Entschließung im Nationalrat und zwei Jahre nach der ersten Tierschutz-Novelle, in denen erbittert um jeglichen Fortschritt für den Schutz unserer Heimtiere und jedes einzelne Wort gekämpft wurde, nun doch noch einigen konnten, ist erfreulich und war so fast nicht mehr zu erwarten“, meinte auch die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy.