Wie soll der Islam in Europa aussehen? Diese Frage stellt sich aktuell die französische Regierung. Seit Beginn des Jahres dürfen in Frankreich keine Imame mehr in Moscheen predigen, die aus dem Ausland finanziert werden. Ein solches Gesetz ist in Österreich bereits 2015 in Kraft getreten. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Imame aus Drittstaaten, etwa aus der Türkei, als Staatsbeamte nach Österreich entsandt und von der jeweiligen Regierung bezahlt. Das ist seit der Novellierung des Islamgesetzes 2015 verboten.

Damit soll verhindert werden, dass Imame und Moscheen in Österreich aus dem Ausland finanziert werden. Geprüft werde das vom Kultusamt, heißt es aus dem Bundeskanzleramt. Nur jene, die ihre finanziellen Mittel im Inland aufbringen können – etwa durch Mitgliedsbeiträge, vergleichbar mit der Kirchensteuer – erhalten die Berechtigung, weiterhin aktiv zu sein. „Es ist ein Gesetz mit vielen Schwachstellen“, beschreibt Ednan Aslan, Professor für islamische Religionspädagogik an der Universität Wien, das Islamgesetz. Da es trotzdem Verbände gäbe, die auf Umwegen Gelder aus dem Ausland beziehen.

Ausbildung im Inland

Frankreich will jetzt einen Schritt weiter gehen und hat eine zusätzliche Maßnahme angekündigt. In Zukunft sollen nur im Inland ausgebildete Imame als Prediger im Land zugelassen werden. Das ist in Österreich nicht der Fall. Obwohl die Rechtslage eine Auslandsfinanzierung untersagt, ist es weiterhin gestattet, Imame aus Drittstaaten nach Österreich zu holen. Damit könne die Ausbildung der Prediger nur schwer überprüft werden. Aslan kritisiert das: „Jeder darf Imam sein, dafür ist kein Studium notwendig, sondern die Personen werden von der Glaubensgemeinschaft ausgesucht.“

Zudem wären die Moscheeverbände auch nicht an den in Österreich ausgebildeten Imame interessiert, sagt Aslan. Das habe mit ihren eigenen ideologischen Vorstellungen zu tun. Eine „theologische Ausbildung in Europa und reformorientierte Theologen“ würden für die Verbände eine „Bedrohung“ in ihrem Glauben darstellen. Gleichzeitig stelle sich die Frage, wer die im Inland ausgebildeten Imame finanzieren würde: „Dieser Herausforderung wird sich auch Frankreich stellen müssen. Denn die Moscheen werden nur jene Imame beschäftigen, die ihren Ideologien folgen“, erklärt Aslan.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) dementiert das. Man habe sehr wohl Interesse an einer einheitlichen Ausbildung in Österreich. Den praktischen Teil, etwa das Praktizieren von islamischen Hochzeiten oder Beerdigungen, lerne man ohnehin in der Glaubensgemeinschaft, ähnlich wie ein Priesterseminar. Am Islamisch-Theologischen Institut in Wien sind aktuell rund 370 Studierende eingeschrieben. Die Verbände werben trotzdem mit den Universitäten in den jeweiligen Heimatländern, in der Türkei, in Bosnien-Herzegowina oder in den arabischen Ländern. „Es ist schwierig, über Nacht eine Veränderung herbeizuführen. Dafür hat man die Isolation zu lange zugelassen“, sagt Aslan.