Sebastian Kurz, wie er mit wallender Mähne beim Eurovision Songcontest seine Gesangskünste zum Besten gibt. Oder Barack Obama, wie er in einem scheinbar offiziellen Video über politische Mitstreiter herzieht. Was sich die meisten Menschen wohl in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen können, ist so tatsächlich im Internet zu finden. In Form sogenannter „Deepfakes“. Gemeint sind damit manipulierte Medieninhalte (zumeist Videos), die mit Hilfe künstlicher Intelligenz verändert wurden, dabei aber täuschend echt aussehen.

Neu ist das per se nicht. Im Grunde werden Bilder manipuliert, seit es Bilder gibt. Die verwendete Technologie wird allerdings immer besser. Darauf deutet auch der dem Namen zugrundeliegende Begriff "Deep Learning" hin: Eine Methode des maschinellen Lernens, die sich nach der Funktionsweise des menschlichen Gehirns richtet.

Wie unsere Wahrnehmung uns täuschen kann

„Dem schnellen Betrachter fällt das gar nicht auf, dass da Gesichter von Personen in das Video hineintransferiert wurden“, erklärt Leo Hemetsberger von „Safer Internet“, einer Initiative, die Jugendliche, Eltern und Lehrende beim kompetenten Umgang mit digitalen Medien unterstützt. Er geht davon aus, dass wir durch unseren Internetkonsum nahezu darauf konditioniert werden, uns unmittelbar ansprechende Bildinhalte für wahr zu nehmen. Selbst dann, wenn im Video ein Politiker plötzlich Botschaften von sich gibt, die nichts mit dessen politischer Linie gemein haben. „Trotzdem ist diese erste Wahrnehmung, die wir haben, so beeindruckend, dass das hängen bleibt.“

Eine Studie der University of Lancaster und der University of California konnte zudem herausfinden, das Künstliche Intelligenz mittlerweile imstande ist, Gesichter zu erzeugen, die von Menschen als vertrauenswürdiger wahrgenommen werden als tatsächlich existierende.

Politische Einflussnahme durch Deepfakes

Gefährlich kann das werden, wenn zum Beispiel im Wahlkampf mit solchen Videos versucht wird, politische Mitbewerber zu diskreditieren. Der Experte spricht von möglichen Meinungsmanipulationen. Aber wie lässt sich ein "Deepfake"-Video als Laie erkennen? 

Leo Hemetsberger
Leo Hemetsberger ist seit 2009 für "Safer Internet" im Bereich der Digitalen Kompetenzbildung tätig, vor allem für Kinder und Jugendliche, aber auch für Eltern und Lehrende. Hemetsberger ist zudem promovierter Philosoph.
© Josef Fallnhauser

Deepfakes: Diese Indizien deuten darauf hin

"Weil es ein computergeneriertes Gesicht ist, sind die Gesichtsausdrücke unnatürlich. Auch an Mundbewegungen erkennt man, dass etwas nicht stimmt", so Hemetsberger. Darauf hinweisen können zudem unscharfe Übergänge, etwa zwischen Gesicht und Hals oder Haaren. "Ein wichtiger Punkt ist zudem außerdem fehlendes Blinzeln bei der dargestellten Person. Das erkennen die Programme nicht." Aber auch ein falsches Zusammenspiel von Licht und Schatten oder Unterschiede in der Videoqualität von der Person und dem Hintergrund kann stutzig machen.

Fälschungen erkennen: Diese Tools können hilfreich sein

Das Internet wäre aber nicht das Internet, wenn dort neben "Deepfakes" nicht auch zahlreiche Hilfsmittel vorzufinden wären, mit denen sich manipulierte Bild- und Videoinhalte entlarven lassen. Zum Beispiel mit der umgekehrten Bildersuche, die in Sekundenschnelle den tatsächlichen Ursprung von Fotos ausspuckt. Oder man macht es sich noch einfacher. Hemetsberger: "Sowohl ein Foto als auch ein Video besteht im Grunde aus binärer Information, also aus Nullen und Einsen. Wir sehen es als Bild, für den Computer ist es aber nur eine Informationskette, die sichtbar ist. Und wenn diese Brüche und Veränderungen aufweist, erkennen entsprechende Programme das." Das geht zum Beispiel mit dem kostenfreien "Deepware Scanner" (siehe unten). Man sieht also: Mit den entsprechenden Hilfsmitteln und einer gesunden Portion Skepsis ist man bestens gewappnet. 

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