Erst Peter Fichna, dann Hugo Portisch. Es erfüllt einen immer mit Wehmut, wenn jemand nicht mehr ist, der einem über das Fernsehen nah war. Ein User schrieb: Wenn sie ins Bild kamen, dauerte es nicht lange, bis man ins Bett geschickt wurde. Beide: eine typische Fernsehnähe, aufgebaut in den Jahren des Heranwachsens, als man auf dem Boden saß und zur Welt, die Blaupunkt hieß, staunend emporsah. War von beiden später die Rede, hörte man sie sofort sprechen, auch jetzt noch in der Erinnerung: Bild und Stimme bleiben eins. Fichnas strenger, bewusst gefühlsneutraler Nachrichtensprecherblick, die große Vierkantbrille und die mächtige, blonde Welle über der Stirn wie aus Patrick Swayzes Surferfilm. Dahinter die Abbildung der Welt, die damals noch schwarz-weiß war.

Bei Hugo Portisch der Staubmantel, das eng an die Brust gepresste Mikrophon und die Krawatte, wenn er von einem Brandherd berichtete oder die zwei leidenschaftlich geballten Fäuste, wenn er im Studio kommentierte, davor das herrlich  senkrechte Standmikro, das dann Max Raabe klaute. Es war die Zeit, als es im Fernsehen das Schichtarbeiter- und Messeprogramm gab. Es hieß tatsächlich so. Bei Fichna war die unbekannte Welt jenseits des Dorfes etwas Ernstes, bei Portisch immer etwas Aufregendes. Man wusste als Junger hinterher zwar nicht, was er in seinem Forte und Presto gesprochen hatte, aber wie er erzählte und kommentierte, das prägte sich ein und fesselte einen.

Selbst sprechen durfte man im Wohnzimmer während der „Zeit im Bild“ ohnehin nie. Es herrschte höchste Aufmerksamkeitsstufe, angeordnet und verinnerlicht wie bei einer Abendandacht. Wenn die Welt im großen, neuen Fernseher, den man aus lauter Vorsicht zu dritt oder viert auf seinen Platz gehoben hatte, zugeschaltet war, herrschte ringsum Stille. In diese Stille hinein sprach Portisch und durchbrach sie mit seinem erzählerischen Feuer.

Er war für uns Dorfkinder nicht Gerd Bachers „Chefkommentator“, als es so etwas noch geben durfte, er war für uns damals auch nicht der große, verdienstvolle Impulsgeber für das Rundfunkvolksbegehren, das Wort verstanden wir nicht. Aber wir verstanden, dass es jenseits des Tals eine Welt geben musste, in der Großes und Aufregendes geschah. Das Große war nicht immer schön, aber diese Ahnung hielt einen nicht davon ab, Lust auf diese Welt zu bekommen. Hugo Portisch entzündete diese Lust und Neugier, allein dadurch, wie er von dieser fremden Welt erzählte. Dafür Dank und Verneigung.

Lesen Sie im Blatt Manuela Swobodas Nachruf auf Hugo Portisch und darin den Satz: „Der Tod ist nur einen Lacher wert“. Er könnte von Bernhard sein, ist aber von Portisch, dem großen Schwammerlsucher und Weltvermittler. Die Titelseite hat wie jedes Jahr in der Karwoche der Medienkünstler Richard Kriesche gestaltet. Er hat auf schwarzem Hintergrund in weißen Lettern einen vertikalen Kreuzbalken auf dem Cover eingeschlagen, die Buchstaben ergeben das Wort Zeitenwende.

Einen schönen Karfreitag, schön in Ihrem Sinn, wünscht