In gestrecktem Galopp fliegen Speedy und ich durch den Mühlviertler Wald – der siebenjährige Falbe macht seinem Namen alle Ehre. Ich, die zu Hause das gemütliche Westernpferd Sly unterm Sattel hat, habe das Gefühl, auf einer Rakete zu sitzen. Doch Speedy kennt seine optimale – und maximale – Kurvenlage und meistert die Strecke mühelos, wie auch Eros, Luki, Pablo und Wendy. Als viel zu früh Wanderreitführer Thomas Holzweber vom Reiterhof Heimelsteinerdie rechte Hand hebt um zu signalisieren, dass wir wieder in die Gangart Schritt übergehen, schnauft nicht nur Speedy.

Herrlich ist’s!

Seit vier Tagen ist die Wanderreitgruppe auf der Route des „Jubiläumstrail im Pferdereich Mühlviertler Alm“ unterwegs, als ich am Donnerstag in Mötlas dazustoße. „Servus, ich bin Thomas und das ist dein Pferd“, begrüßt mich unser Wanderreitführer und drückt mir die Zügel in die Hand. Ich schaue in Speedys sanftmütige braune Augen und weiß: „Das passt perfekt.“

© Alice Samec

Herrlich erholsam

Von dem Warmblut aus der Heimelsteiner-Zucht will ich gar nicht mehr absteigen. Auf seinem Rücken werden die zurückgelegten Kilometer zum reinsten Genuss. Das letzte Mal habe ich mich auf dem Hausboot in Frankreich so tief entspannt.

Meine Einstiegsstrecke führt uns zum „Lumi“ auf die Moseralm. „Er ist eine Legende“, stellt Thomas den Chef Hans Lumetsberger vor. Lumi war in den Anfangsjahren der erste staatlich geprüfte Kutschenfahrlehrer in der Region. Heute besitzt er zehn Wagen und vier Lipizzaner.
Nach einem Schnapserl – bei dem lässt es sich leichter über Anbindetechniken oder die Frage „Western- oder Englischreiten?“ fachsimpeln – geht’s weiter nach Mönchhof, wo das Gepäck schon auf uns wartet. Beim Abendessen erfahre ich ein paar Details aus den Anfängen: Die Idee zum „Pferdereich“ hatten ein paar lokale Wald- und Wiesenreiter vor 25 Jahren: Aus den Wegen ein gut gewartetes Netz zu spinnen.

© Alice Samec

700 Kilometer Reitwege

Daraus wuchs ein Verband von inzwischen 50 Betrieben.
Auf 700 Kilometern kann man durch das Mühlviertel reiten, im Schritt, im Jagdgalopp, wie’s für jeden passt. Rast- und Erlebnisplätze warten auf Ross und Reiter, und auch die Übernachtungsmöglichkeiten sind angepasst. Ein Bett für den mit Helm – eine Box für den Sattelschlepper.

Ein Ross im Kornfeld

Gemütlich reiten wir am nächsten Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück weiter. Über grüne Wiesen, vorbei an goldgelben Weizenfeldern mit lila Kornblumen, durch schattige Wälder führt uns die Strecke zum gut versteckten Oldies Riding Club. Günther und seine Frau Jenny wohnen dort mit zahlreichen Vier- und Mehrbeinern wie der Sau Iggy, den Hunden Tom un dSunny und einem sprechenden Papagei.

Es ist heiß, die Getränke zischen ordentlich. Speedy genießt seinen „Auslauf“, nicht zum ersten Mal geht sein Karabiner auf und er spaziert ein bisschen auf eigene Faust über den Reitplatz auf der Suche nach einem saftigen Grasbüschel.

Die Reiterhymne

Nach einem Abstecher auf die Ruine Ruttenstein kommt der der Abschluss der Tour auf der Moseralm viel zu schnell. Eie Mühlviertler Reiterhymne, die Urgestein Richard Kriechbaumer uns Wanderreitern zu Ehren vorsingt, klingt mir noch jetzt in den Ohren: „So galoppieren wir zu Pferde, wir traben oder reiten im Schritt . . . “
Herrlich war’s!