Über 2000 Burgen, Schlösser, Festungen und Burgruinen gibt es in Tschechien. Davon sind mehr als 100 im Staatsbesitz und auch für Besucher zugänglich. Speziell Südböhmen, eine einzigartige Region mit einer Unmenge von Teichen und Fichtenwäldern – belebt durch die Silhouetten der historischen Städte wie Sušice, Horažďovice, Strakonice oder Písek – ist eine Schatztruhe mit historischen Perlen. 153 Schlösser und 70 Burgen verteilen sich auf dem Gebiet dieser Region, die etwa die Größe Kärntens aufweist und rund 650.000 Einwohner hat. Damit ist Südböhmen zwar die am dünnsten besiedelte Gegend Tschechiens, verfügt aber über das größte Radwegenetz und verzeichnet neben Prag das größte Tourismusaufkommen der Republik.

České Budějovice (Budweis), die Hauptstadt der Region mit rund 94.000 Einwohnern, rühmt sich mit einem der größten Marktplätze Europas mit wunderschönen alten Bürgerhäusern. Das Rathaus aus dem 16. Jahrhundert kann mit einem Glockenspiel aufwarten. Von hier aus verkehrte ab 1827 auch die älteste Pferdeeisenbahn Mitteleuropas nach Linz, die 1872 eingestellt und durch die Dampfeisenbahn ersetzt wurde. „Ein lustiges Detail der Stadtgeschichte ist auch, dass in der ehemaligen Mariánská-Kaserne Jaroslav Hašek und Václav Havel ihren Militärdienst absolviert haben“, weiß Stadtführerin Pavla Tipplova. Ersterer wird hier wohl auch zu seinem Roman „Die Abenteuer des braven Soldat Schwejk“ inspiriert worden sein. 

Dudelsack und Bier

Mitunter lautstark geht es auf der 2022 renovierten Burg Strakonice (Strakonitz) aus dem 13. Jahrhundert zu. Sie beherbergt das Museum des mittleren Otava-Gebiets mit der größten Sammlung an Dudelsäcken, aber auch alten Motorrädern und Marionetten-Puppen. In der Stadt arbeiten heute noch viele Pfeifer und Pfeifenmusiker, Dudelsack wird an der örtlichen Musikschule unterrichtet. Auch ein berühmtes internationales Dudelsackfestival (heuer von 22. bis 25. August), zu dem Musiker aus der ganzen Welt anreisen, findet hier regelmäßig statt. 

Tschechien hat neben vielen kleinen Brauereien auch etwa 40 große, eine davon befindet sich in Strakonice und ist im Besitz der Stadt. „Wir brauen etwa 50.000 Hektoliter Bier der Sorten Dudak  („Dudelsackpfeifer“) und Klostermann im Jahr. Dazu kommen zu Ostern und Weihnachten noch Spezialbiere“, weiß Braumeister Vlastimil Matej, der uns durch die Brauerei führt. Die größte Brauerei Tschechiens ist jene vom Pilsner Urquell, die etwa 1,5 Millionen Hektoliter jährlich braut. Übrigens – die zweitgrößte in Budweis ist die einzige ihrer Art im Staatsbesitz.

Pferde und Schlösser

Auch Písek besitzt eine eindrucksvolle Altstadt mit gleich drei Marktplätzen. Die Stadt gehörte einst zu den mächtigsten des Königsreichs, Gold war hier im Mittelalter ein großes Thema. Schmuckstück sind die steinerne Brücke über die Otava, die zweitälteste ihrer Art in Mitteleuropa und rund 100 Jahre älter als die Karlsbrücke in Prag, die Burg aus dem 13. Jahrhundert und die Synagoge, die gerade renoviert wird. Písek beherbergt auch ein staatliches Gestüt, gegründet 1902, wo nur Kalt- und Warmblut-Hengste untergebracht sind. Sie dienen der Zucht, auch die tschechische Polizei hat einige Pferde dort in Betreuung.

Durchaus einen Besuch wert ist auch das Burgschloss in Vimperk (Winterberg). Von den Kommunisten einst enteignet, diente es verschiedenen Familien als Wohnquartier, war dann dem Verfall preisgegeben. Seit 2019 wird das im staatlichen Besitz befindliche Schloss, das im 30-jährigen Krieg eine große Rolle spielte, Schritt für Schritt renoviert. Einige Teile sind bereits wieder als sehenswertes Museum mit vielen Rekonstruktionen aus der Vergangenheit begehbar und erfreuen sich großen Zuspruchs. „Leider wurde die Einrichtung während er Diktatur zerstört, wir müssen mit Möbeln aus anderen Burgen und Schlössern wieder einen ursprungsähnlichen Zustand wiederherstellen. Vom Altar der katholischen Kirche hatten wir nur ein einziges Bild. Nach diesem hat ein örtliches Tischlereiunternehmen den Altar in den letzten Jahren rekonstruiert“, erzählt uns Eva Reitspisova von der Schlossverwaltung.

Salz und Wild

Die bedeutendste Marionettensammlung des Landes ist im Museum in Prachatice (Prachatitz) ebenso zu besichtigen wie verschiedene Zirkusutensilien. Die Stadt war im Mittelalter sehr bedeutend, weil einer der wichtigsten Handelswege der Region, der Goldene Steig, durch Prachatice führte. Es wurde vor allem Salz aus dem rund 70 Kilometer entfernten Passau nach Prag transportiert und brachte den Bürgern ansehnlichen Reichtum. Die historische Altstadt hat sich in ihrer Renaissance-Form in einem Ring aus intakten Stadtmauern erhalten. Im Mittelalter war ab 10 Uhr kein Eintritt mehr möglich, die mächtigen Eingangstore wurden versperrt.

Auch das Wasserschloss in Blatná wurde und wird renoviert und gehört wieder der Familie Hildprandt. Die Besitzer des im 14. Jahrhundert erbauten Schlosses wurden Anfang der 1950er-Jahre enteignet, verließen das Land. Durch Restitution gelangte das Bauwerk wieder in ihre Hände. „Wir haben in den 1990er-Jahren mit der Renovierung begonnen, die leider noch nicht abgeschlossen ist“, sagt die heutige Schlossherrin, Jana Hildprandt. Das Anwesen ist öffentlich zugänglich und birgt ein interessantes Museum. Ein besonderes Highlight ist der Wildpark auf dem rund 45 Hektar umfassenden Grundstück.

Und natürlich werden landauf und landab zahlreiche böhmische und tschechische Spezialitäten serviert. Die Dichte der Gasthäuser und Restaurants in der Region ist außerordentlich hoch.