Die Anreise aus Graz an den Weissensee ist lang, aber sie lohnt. Eigentlich immer, dieses Mal ganz besonders. Man merkt es schon am Gesichtsausdruck von Hannes Müller. Die Freude ist groß. Einer der besten Köche Kärntens hat nämlich eine große Ladung „Rosa di Gorizia“ in seine Küche vom „Genießerhotel Die Forelle“ bekommen. Eines gleich vorweg: Nein. Diese außergewöhnliche Rarität bekommt man nicht im Supermarkt. Auch nicht am Bauernmarkt um die Ecke. Warum stellen wir sie dann vor? Weil es eben etwas ganz Besonderes ist und nur zu dieser Jahreszeit erhältlich.

Das Rezept von Hannes Müller lässt sich aber auch mit „normalem“ Radicchio nachkochen. „Wir haben das Glück, die „Rose aus Görz“ vom Kötschacher Edelgreissler Herwig Ertl geliefert zu bekommen“, erklärt Müller. Sonst wüsste auch der erfahrene Koch nicht, wo man diese schöne Rarität kaufen kann. „Außer man fährt nach Italien und besorgt sie dort vor Ort!“, lacht der Produktfanatiker. Aber was ist die „Rosa Gorizia“ eigentlich? „Kurz: ein Winterradicchio, der auf den Feldern um Görz wächst und sich als Endprodukt wie eine dunkelrote Rose präsentiert“, bringt es Hannes Müller auf den Punkt. Ihren Namen hat sie eben von der Stadt Gorizia am Fluss Isonzo, die auf Slowenisch Gorica heißt und früher, in den Jahrhunderten der Zugehörigkeit zu Österreich, auch Görz genannt wurde. Schon allein die Optik reicht aus, dieses Gemüse als einzigartig erscheinen zu lassen. Doch dem nicht genug: „Der knackige Geschmack lässt dieses Gemüse zur unumstrittenen Königin der Winterradicchio werden.“ Ihr Anbau ist aufwendig, was sich natürlich auf den Preis niederschlägt. Der Kilo um die 30 Euro ist keine Seltenheit, in schlechten Erntejahren auch darüber. Im Sommer wird die sogenannte Mutterpflanze angebaut, die wenig spektakulär auf den Feldern wächst.

Im Herbst wird sie nach dem ersten Raureif mit der Wurzel geerntet, speziell zugeschnitten und kalt gelagert. Dann werden die Pflanzen gruppenweise wieder aktiviert, indem sie in einem dunklen Raum mit Wärme zum Treiben gebracht werden. Die Dunkelheit verhindert, dass die Pflanzen zu viel Chlorophyll entwickeln, die die Blätter bitter macht. In diesen zehn bis vierzehn Tagen entwickeln die Pflanzen rosenblütenähnliche Köpfchen, die nach der Ernte noch einmal von den äußeren unansehnlichen Blättern befreit und gewaschen werden. „Die Rose, die schon zu Zeiten der Habsburger bekannt war, schmeckt roh tatsächlich erstaunlich: intensiv, zartbitter und sensationell knackig. Und ihre kurzen, weißen Stängel ein wenig nach Artischocken“, erklärt der Koch den Geschmack. Auch wenn man dieses kulinarische Highlight schwer bekommt, lassen sich das Rezept von Hannes Müller und die Tipps von Greissler Herwig Ertl auch mit herkömmlichem Radícchio zubereiten. Schmecken bestimmt ebenfalls fantastisch, sind aber wahrscheinlich nicht ganz so schön anzusehen.