Nach Brustkrebs und Prostata­krebs ist er die häufigste Krebsdiagnose der Österreicher: Lungenkrebs. Auch wenn die Therapien immer besser werden und Mediziner Patienten heute Hoffnung geben können, wo vor wenigen Jahren noch keine war, gilt weiterhin: „Lungenkrebs ist jene Krebs­erkrankung, die am häufigsten zum Tode führt“, sagt Maximilian Hochmair, Leiter des Arbeitskreises Onkologie der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie.

Das habe vor allem zwei Gründe: In vielen Fällen erfolgt die Diagnose einfach zu spät. „Die Lunge tut ja nicht weh. Bis der Patient zum Arzt kommt, ist der Krebs schon weit fortgeschritten“, sagt Hochmair. Aber auch wenn der Tumor rechtzeitig erkannt und behandelt werde, komme der Krebs leider oft zurück. Der größte Risikofaktor ist eindeutig: das Rauchen. 85 bis 90 Prozent der Patienten sind Raucher oder Ex-Raucher. Im europäischen Vergleich ist Österreich weiterhin letzter beim Nichtraucherschutz – und das hat dramatische Folgen. Bis zum Jahr 2030 werden sich die Lungenkrebsfälle in Österreich nahezu verdoppeln.

Hochmair begrüßt zwar das neue Rauchverbot in der Gas­tronomie, zeigt aber auch auf: „Es gibt noch viele Aspekte, die aufzuholen sind. Dazu zählen Rauchverbote vor Schulen, Kindergärten und auf Spielplätzen, um die Vorbildwirkung positiv zu beeinflussen und dafür zu sorgen, dass Jugendliche gar nicht erst anfangen.“

Wie gut das funktionieren kann, zeigt das Beispiel USA: Dort ist die Häufigkeit von Lungenkrebs in den letzten 30 Jahren auf ein Drittel bis auf die Hälfte zurückgegangen. Das gelang durch gezielten Nichtraucherschutz. Aber: „Auch wenn wir Rauchen als Risikofaktor ausschließen könnten, bleiben noch etwa zehn Prozent Lungenkrebsfälle bei Patienten, die nie geraucht haben.“ Zur Entstehung dieser Tumoren wisse die Medizin heute noch zu wenig.

Maximilian Hochmair, Onkologe
Maximilian Hochmair, Onkologe © Wildbild

Die Erkenntnis, dass jeder Tumor spezifische biologische Merkmale hat, habe die Therapie grundlegend verändert: Mit zielgerichteten Therapien ist es möglich, diese Angriffspunkte anzusteuern. „Die Chemotherapie hat noch nicht ganz ausgedient, aber sie verliert an Bedeutung“, sagt Hochmair, und damit werden auch die schweren Nebenwirkungen der Chemo weniger.

Therapie: Zwei Säulen

Heute baut die Therapie des Lungenkrebses auf zwei Säulen: Nicht-Raucher, die an Lungenkrebs erkranken, werden vor allem mit der zielgerichteten Therapie behandelt. Bei Rauchern kommt vor allem die Immuntherapie, oft noch in Kombination mit der Chemotherapie, zum Einsatz. Mit diesen neuen Therapien können Mediziner viel mehr Patienten Hoffnung und ein deutlich längeres Gesamtüberleben geben. Die Therapie habe eine große Revolution erlebt, aber: „Gleichzeitig gibt es noch immer Patienten, die leider nicht ewig oder gar nicht davon profitieren“, sagt Hochmair.

Frauen holen auf

Dass die Lungenkrebsfälle in Österreich weiter steigen, liegt vor allem daran, dass die Frauen „aufholen“: Vor 20 Jahren waren alle Patienten Männer, erinnert sich Hochmair. Heute ist die Verteilung zwischen Mann und Frau aber bereits halbe-halbe. Das liegt daran, dass Frauen früher weniger geraucht haben, heute ist der Anteil von Frauen und Männern unter den Rauchern nahezu identisch. Galt Tabakrauchen lange Zeit als männliches Attribut, greifen seit den 1960er- und 1970er Jahren auch immer mehr Frauen zur Zigarette. „Diese Generation erkrankt nun an Lungenkrebs“, erklärt Hochmair.

Wie steht Hochmair zur vermeintlich sauberen E-Zigarette? „Prinzipiell gilt: Alles, was wir an Verbranntem oder Verdampftem in die Lunge inhalieren, ist ungesund“, sagt Hochmair. Es gebe zum Gebrauch von E-Zigaretten noch keine Langzeitdaten, daher sei es auch nicht möglich, das Risiko seriös einzuschätzen. Bis dahin rät Hochmair: Alles vermeiden, was giftige Stoffe in die Lunge bringt. Für schwere Raucher sei es besser, auf Nikotin-Ersatzpräparate zurückzugreifen, um die Sucht zu bekämpfen.