Dass Europäer Milch auch im Erwachsenenalter verdauen können, haben wir einer Genmutation zu verdanken: Während 75 Prozent der Weltbevölkerung den Milchzucker, die Laktose nicht verarbeiten können, sind in Europa nur 20 Prozent der Bevölkerung laktoseintolerant. Doch geriet das Image der Milch in den letzten Jahren ins Wanken: Ist sie gesund – oder macht sie dick und krank?

Mythen zur Milch halten sich hartnäckig, aus wissenschaftlicher Sicht gibt es derzeit aber keinen Grund für einen Verzicht“, sagt Diätologin Manuela Hatz (FH Joanneum). Milchprodukte würden reichlich Kalzium, B-Vitamine und hochwertiges Eiweiß liefern. Studien hätten gezeigt, dass Milchprodukte das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes senken können – solange sie mit Maß und Ziel konsumiert werden. Denn Kuhmilch ist per se fürs Kalb bestimmt, das schnell groß werden soll – daher ist sie reich an Nährstoffen. Dementsprechend gilt Milch als Lebensmittel, nicht als Getränk.

Flüssige Milch sei in der jüngeren Vergangenheit eher in den Hintergrund getreten, wie Ernährungsexpertin Sandra Holasek (Med Uni Graz) sagt. Sie empfiehlt, vermehrt auf Milchprodukte wie Joghurt, Buttermilch oder Frischkäse zu setzen. Diese Lebensmittel seien nicht nur leichter verdaulich, sondern würden auch dazu führen, dass im Darm Sättigungshormone ausgeschüttet werden.

>>Grafik: Österreichs Milch ist weltweit gefragt<<

„Außerdem unterstützen fermentierte Milchprodukte das Mikrobiom im Darm“, sagt Hatz. Für Menschen, die Milch vertragen, ist sie also ein Bestandteil der gesunden Ernährung – alle anderen können sich mit laktosefreien Produkten gut versorgen.

Am globalen Milchmarkt gibt es derzeit eine Zweiteilung: Der Fettanteil in der Milch ist gefragt wie nie, der Rest lagert in Form von Milchpulver in riesigen Interventionshallen. Daher ist wegen weltweiter Überproduktion der Milchpreis zuletzt wieder gesunken, während die Butterpreise steigen. Dass Butter wieder gefragt ist, liegt auch daran, dass viele Produzenten Palmöl aus ihren Lebensmitteln verbannen – und durch Milchfett ersetzen.

Im weltweiten Vergleich ist Österreich bei der Milchproduktion ein Zwerg. Österreichs Bauern liefern im Jahresschnitt 110.000 Kilo Milch (ja, Milch wird in Kilo abgerechnet) pro Betrieb ab. EU-weit sind es 263.000 Kilo, in den USA sogar 2,3 Millionen Kilo. Dennoch ist der Strukturwandel auch hierzulande voll im Gange: Seit EU-Beitritt haben 48.000 Milchbauern (das sind fast zwei von drei Höfen!) aufgehört. Dafür hat sich seit damals in Österreich die Zahl der Kühe pro Hof auf 18 verdoppelt. Tendenz weiter steigend.