Häufig wurde in den letzten Wochen davon gesprochen, dass die Pandemie in eine Endphase übergetreten sei, auch die massiven Grippe- und RSV-Wellen haben das Coronavirus in den Hintergrund gerückt. Doch vor allem der Anstieg der Fallzahlen in China, nachdem das dortige Regime die Zero-Covid-Politik aufgegeben hat, hat Sars-CoV-2 wieder vermehrt in die Schlagzeilen gebracht. Denn es wird vermutet, dass sich nun Millionen Chinesen mit dem Coronavirus infizieren. Und je mehr Infektionen es gibt, je mehr ein Virus frei zirkulieren kann, umso wahrscheinlicher sind neue Mutationen.

Eine Virusvariante, die aktuell im Fokus der Aufmerksamkeit steht, ist XBB.1.5. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) breitet sich das Virus vor allem in den USA und Europa aus und wurde bereits in 29 Ländern nachgewiesen. Die US-Gesundheitsbehörde CDC ihrerseits schätzt, dass diese in der Woche vor dem Jahreswechsel hinter rund 40,5 Prozent aller Neuansteckungen in den Vereinigten Staaten steckte. Die Variante könnte laut CDC leichter übertragbar sein. "Wir beobachten XBB.1.5 seit Mitte November, und ihre Häufigkeit hat sich ungefähr jede Woche verdoppelt", berichtete Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel, der Deutschen Presse-Agentur.

In Österreich ist XBB.1.5 laut dem Molekularbiologen Ulrich Elling von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bislang vereinzelt detektiert worden. 

XBB.1.5 – ein Mitglied der Omikron-Familie

XBB.1.5 trägt auch den Beinamen "Kraken", es handelt sich immer noch um eine Variante aus der mittlerweile weitverzweigten Omikron-Familie. Außerdem ist XBB.1.5 eine Rekombinante aus zwei verschiedenen Omikron-BA.2-Varianten, entstanden dürfte sie in New York sein.

Einen Vorteil dürfte dieser Rekombinante vor allem die Mutation F486P im Spikeprotein bringen – das ist jener Teil des Virus, mit dem es an menschliche Zellen bindet. Als Folge gelingt XBB.1.5 die Flucht vor einem Teil der menschlichen Immunantwort, also vor Antikörpern, sehr effektiv. Die zelluläre Immunantwort hingegen könne auch diese Variante nicht umgehen, sagte die Virologin Dorothee von Laer gegenüber dem Standard.

Dies kann mit ein Grund sein, dass die im Oktober entdeckte Variante so leicht übertragbar wie keine der bisher bekannten Varianten sei, sagte WHO-Corona-Spezialistin Maria van Kerkhove – ein Interview mit ihr lesen Sie hier – am Mittwoch in Genf. 

Unklar ist, ob diese Variante auch etwas an der Krankheitslast einer Covid-19-Infektion ändert – ob sie also auch schwerer krank macht. Hinweise darauf gibt es aus US-amerikanischen Krankenhausdaten nicht.