Am Samstag, dem 10. September, ist Welttag der Suizidprävention. "Suizid zählt zu den häufigsten Todesursachen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen weltweit und wird trotzdem immer noch als Tabuthema behandelt", sagt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 von Rat auf Draht, es sei mit einem ähnlich hohen Niveau wie 2021 zu rechnen.

Das zweite Corona-Jahr mit Isolation, fehlendem Kontakt zu Gleichaltrigen, Homeschooling, Distance-Learning und Zukunftsängsten hat Spuren hinterlassen. "Meist sind es allerdings mehrere Faktoren gleichzeitig, die zu Suizidgedanken oder suizidalen Handlungen führen", so Satke. Dazu gehören unter anderem auch Konflikte in der Familie, Gewalterfahrungen, Stress in der Schule, Versagensängste, depressive Verstimmungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie Cyber-Mobbing.

Hilfe von außen wichtig

In den Gesprächen zeigten sich Betroffene antriebslos und in depressiver Stimmung und überfordert. Auch hätten viele das Gefühl, keinen Ausweg mehr zu wissen. "Dadurch können sie oft Unterstützungsangebote, die es in der Familie oder im Freundeskreis gibt, nicht erkennen und die Tragweite ihre Gedanken oder Handlungen nicht real abschätzen", unterstreicht Satke. Gerade dann sei Hilfe von außen wichtig. Die Notrufnummer 147 ist rund um die Uhr erreichbar. "Unser Part besteht darin, die akute Krise aufzufangen und die Anruferinnen und Anrufer soweit zu stabilisieren, dass die Suizidgedanken oder suizidalen Handlungen gut abgefangen werden können", so Satke.

Die Zahl der Beratungsgespräche war schon 2021 gegenüber dem Jahr davor um 17,24 Prozent auf rund 1.400 gestiegen, heuer gab es bis August rund 920 Beratungen. Auf dem Onlineportal "Elternseite", die eine Anlaufstelle für Bezugspersonen ist, zeige sich ein ähnliches Bild. "Die Videoberatungen für besorgte Angehörige zum Thema Suizid haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt", so Ines Campuzano, psychologische Beraterin der Elternteile.

Enttabuisieren und ernst nehmen

Beide Expertinnen wünschen sich mehr zu dieser Thematik mehr Aufklärung. "Oft geht es den Eltern in erster Linie um die Frage, ob das Thema überhaupt offen ansprechbar ist. Enttabuisierung ist eines unserer größten Aufgabenfelder", sagt Campuzano. Über die Probleme zu sprechen sei wichtig: "Man löst damit keinen Suizid aus, ganz im Gegenteil, das Ansprechen wirkt oft sehr entlastend. Im Gespräch selbst sollte man das Kind und seine Sorgen ernst nehmen, Ruhe bewahren, keine Vorwürfe machen und Unterstützung anbieten."