Die Plazenta und die Gebärmutter haben in der Entwicklung des Babys die Aufgabe, den Embryo zu schützen. Das bedeutet aber nicht, dass der heranwachsende Organismus passiv ist, im Gegenteil. Am Beginn der Schwangerschaft, im frühen Entwicklungsstadium, wenn die sogenannte Blastozyste noch in der Gebärmutter schwimmt, gibt der Embryo den Ton an. Dieser gibt das Signal, die Plazenta zu bilden und gibt auch der Gebärmutter den Befehl, damit er sich einnisten kann.

Eine Forschungsgruppe rund um Nicolas Rivron vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat bereits vor einigen Jahren erstmals sogenannte "Blastoide" aus Maus-Stammzellen entwickelt. Im Vorjahr folgten menschliche Stammzellen. Bei "Blastoiden" handelt es sich um aus Stammzellen gebildete Modelle der Blastozyste, das ist ein knapp eine Woche alter Embryo mit einer komplexen, aus etwa 200 Zellen bestehenden ballförmigen Struktur. Für die Forschung sind diese "Blastoide" eine ethische Alternative zur Untersuchung grundlegender Prinzipien der frühen Entwicklung von Säugetieren einschließlich des Menschen.

Mit Botenstoffen zeigt der Embryo, wo es lang geht

Unterschiedliche Stammzellen formen die Blastozyste. Aus dem Teil, der die äußere Hülle des Zellballs bildet, auch Trophoblast genannt, formt sich in weiterer Folge die Plazenta, aus den Zellen im Inneren wird der Embryo, der Epiblast. Mithilfe der Mäuse-Blastoide konnten die Fachleute zeigen, dass die zehn Zellen des Epiblast den Trophoblast, der aus rund 100 Zellen besteht, anweisen, sich zu erneuern und zu vermehren und das Gebärmuttergewebe zu verändern. Das funktioniert mit mehreren molekularen Botenstoffen.

"Auf diese Weise investiert der Embryo in seine eigene Zukunft: Er fördert die Bildung der Gewebe, die in Folge für seine Entwicklung sorgen werden. Der Embryo hat die Kontrolle, indem er den Aufbau einer Umgebung steuert, in der er gut gedeihen kann", erklärt Rivron den Prozess. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die molekularen Botenstoffe, die der Embryo benutzt, sondern zwei Moleküle ab. Diese weisen die Gebärmutter an, die Blastozyste zu umschließen, damit sich der Embryo einnisten kann. "Das könnte von großer Bedeutung sein, denn wir haben nachgewiesen, dass diese beiden Moleküle auch von den Trophoblasten der menschlichen Blastozyste freigesetzt werden", so Rivron.

Hilfe bei Verbesserung von Fertilisationsverfahren

Die Einnistung ist beim Menschen der kritische Faktor einer Schwangerschaft, denn ungefähr jede zweite scheitert bereits an diesem Punkt. Die Fachleute wiederholen die Experimente derzeit mit menschlichen Blastoiden und Gebärmutterzellen in der Petrischale, um abschätzen zu können, ob diese grundlegenden Entwicklungsprinzipien auch im frühen Entwicklungsstadium des Menschen erhalten sind. Sollte dies der Fall sein, könnten Verfahren zur In-vitro-Fertilisation und die Entwicklung von Fruchtbarkeitsmedikamenten und neuartigen Verhütungsmitteln verbessert und vorangetrieben werden.