Die Coronazahlen schießen derzeit österreichweit in die Höhe und damit steigt auch die Sorge vor einer Infektion bei vielen Menschen wieder an. Immer mehr wird dabei zum Streitthema, von wem wohl die größere Gefahr ausginge: Dabei kommt von einigen Seiten auch die Vermutung auf, dass Geimpfte eine nicht unwesentliche Rolle für das Infektionsgeschehen spielen könnten. Als Argument wird dabei meist das Fehlen regelmäßiger Tests genannt. Im Rahmen einer nun veröffentlichten britischen Studie, wurde untersucht, wie ansteckend geimpfte Menschen tatsächlich für ihr Umfeld sein können und wie häufig diese sich selbst anstecken.

Im eigenen Haushalt 

Konkret sah sich die oberste britische Gesundheitsbehörde UKHSA  (UK Health Security Agency) dabei den Verlauf der Viruslast von vollständig geimpften Menschen mit Delta-Infektion an. Außerdem verglichen sie diese Daten mit denen von ungeimpfte Personen. Zu diesem Zweck wurden bei mehr als 600 Kontaktpersonen aus dem familiären Umfeld von 471 Corona-Infizierten 20 Tage lang Proben der oberen Atemwege entnommen. Diese wurden dann auf SARS-CoV-2 untersucht.

Das Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch vollständig geimpfte Menschen mit dem Coronavirus anstecken, ist bei der Delta-Variante hoch. Und: Trotz Impfschutz ist die Spitzenviruslast bei diesen Personen ähnlich hoch wie bei Ungeimpften. Somit können auch Geimpfte in dieser Zeit das Virus leicht auf andere übertragen. Was sich allerdings auch zeigte: Ist eine Person nicht geimpft, ist die Wahrscheinlichkeit sich zu infizieren noch höher. Die Infektionsrate innerhalb eines Haushalts betrug der Studie nach 25 Prozent bei vollständig Geimpften und 38 Prozent bei Ungeimpften.  

Da die Gefahr sein Umfeld anzustecken also auch für Geimpfte gegeben ist, empfehlen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unabhängig vom Impfstatus weiterhin die Hygiene- und Abstandsregeln ernst zunehmen sowie weiterhin auf das Maskentragen zu setzen.

Viruslast lässt schneller nach

Doch auch wenn Impfdurchbrüche bei der Delta-Variante wahrscheinlich zu sein scheinen, mache das laut den Studienautoren aus Großbritannien die Vakzine nicht wirkungslos: Zum einen gilt nach wie vor, dass vollständig geimpfte Menschen zwar erkranken können, aber in der Regel einen milden Verlauf haben. Zum anderen zeigte die Studie, dass Geimpfte zwar eine vergleichbare Spitzenviruslast haben wie Ungeimpfte, allerdings ging die Viruslast bei Geimpften schneller wieder zurück. Was auch zur Folge hat, dass diese Personengruppe insgesamt weniger Menschen ansteckt.

Eine weitere wichtige Erkenntnis der britischen Studie zeigt sich, wenn man sich jene Personen genauer ansieht, die sich infiziert haben: Je länger der zweite Stich zurücklag, desto wahrscheinlicher wurde eine Ansteckung. Bei den Teilnehmenden, die sich infizierten, lag die Impfung im Schnitt 101 Tage zurück, bei denen, die einer Ansteckung entgingen, nur 64 Tage. Laut den Forscherinnen und Forschern weist das vor allem auf die Wichtigkeit des dritten Stichs hin. Durch diesen nehme der Schutz vor einer Ansteckung wieder merklich zu.

Warum solche Impfdurchbrüche grundsätzlich möglich sind, erklärte Impfexperte Herwig Kollaritsch im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „Um Impfdurchbrüche zu verhindern bräuchte es eine Impfung, die sterilisierend wirkt. Das bedeutet: Ein Vakzin, dass nicht nur den Betroffenen vor der Erkrankung schützt, sondern auch verhindert, dass dieser die Erkrankung weitergeben kann.“ Ob ein solcher Impfstoff entwickelt werden kann, hängt immer von der Beschaffenheit des Virus ab. Im Falle von SARS-CoV-2 ist das nicht möglich.

Klarer Unterschied bei Inzidenzen

Welchen Unterschied die Covid-19-Schutzimpfung macht, zeigt eine Gegenüberstellung der aktuellen Sieben-Tages-Inzidenzen der vollständig Geimpften und der nicht bzw. nicht vollständig Geimpften in Österreich. Der AGES zufolge liegt in der Gruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen die Sieben-Tages-Inzidenz bei den Immunisierten bei rund 250, bei den un- bzw. nicht zur Gänze Geschützten dagegen über 1600.