Mehr als 42 Prozent aller Covid-19-Infizierten wissen nicht, dass sie erkrankt sind bzw. dass sie das Sars-CoV-2-Virus in sich tragen und auch weitergeben können. Das ist die Haupterkenntnis der sogenannten Gutenberg Covid-19-Studie, die in Deutschland durchgeführt wurde. Diese hohe Dunkelziffer birgt die Gefahr, dass Menschen das Virus unwissentlich weiterverbreiten und sich die Pandemie so weiter ausbreitet.

Soziale Brennpunkte befeuern Infektionsgeschehen

Die Dunkelziffer bzw. das Nichtwissen der Infektion verteilt sich in verschiedenen Bevölkerungsschichten unterschiedlich. "Menschen mit einem höheren gesellschaftlichen Status wissen dabei häufiger von ihrer Infektion. Sie führen auch häufiger Tests durch", sagt Philipp Wild, Sprecher der Studienleiter. Er ist Leiter der Klinischen Epidemiologie an der Universitätsmedizin Mainz. 

Im Gegensatz dazu steht, dass je höher die Anzahl der Personen in einem Haushalt ist, umso größer ist das Risiko einer Infektion. Hier sind laut Wild vor allem Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status betroffen. Das bedeutet: eher niedriges Einkommen, eher geringere Bildung und eben auch eher beengte Wohnverhältnisse. 

Diese schlechteren Lebensumstände bzw. -verhältnisse erhöhen also auch das Risiko einer Ansteckung. Ähnliche Erkenntnisse haben auch die bislang vier Runden der österreichischen "Gurgel-Studie" gezeigt. An Schulen, die vorrangig von Kindern mit hoher sozialer Benachteiligung besucht werden, sind Inzidenzen höher als an Schulen, die von Kindern mit niedriger sozialer Benachteiligung besucht werden.  

In Österreich, wie auch in Deutschland raten Expertinnen und Experten dazu, mit gezielten Informationskampagnen diese Bevölkerungsgruppen zu informieren. 

Jüngere testen mehr

In Bezug auf das Testverhalten lassen sich in den Altersgruppen Unterschiede erkennen. Demnach lassen sich jüngere um ein vielfaches häufiger testen als ältere, ältere Menschen sind auch häufiger unwissentlich infiziert. "Jüngere Menschen nehmen mehr am gesellschaftlichen Leben teil und nutzen daher die Tests auch öfter", erklärt Wild. Auch dass Ältere früher geimpft wurden und sich Vollimmunisierte seltener testen ließen, können eine Rolle spielen. 

Kinder nicht "Treiber der Pandemie"

Auch detailliert analysiert hat das Team rund um Wild die Rolle von Kindern in der Pandemie. Und man kommt aufgrund der Daten zum Schluss, dass Kinder erstens keine "Treiber der Pandemie" und zweitens nicht überdurchschnittlich betroffen sind. Diese Erkenntnisse passen auch zu jenen, die Virologe Christian Drosten in seiner Studie zu Viruslast bei Kindern beschrieben hat: "Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt". In den Familien würden Kinder das Virus nicht überdurchschnittlich weitergeben, sagt auch Wild. 

Welche Maßnahmen wirken?

Mithilfe der gesammelten Daten wurde auch ausgewertet, welche Maßnahmen sich als wie wirksam erwiesen. Demnach ist der Mindestabstand essenziell, auch ein Mundnasenschutz reduziert das Risiko einer Infektion. Auch künftig werde Testen wichtig bleiben. Nur so könne die Kontrolle über das Infektionsgeschehen verbessert werden, auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Varianten, so Wild. Und: "Testen ist auch angesichts der vielen unwissentlichen Infektionen wie ein Frühwarnsystem."