Schniefende Nase, tränende Augen, juckende Stellen auf der Haut: Jeder kennt jemanden, der von einer Allergie betroffen ist, oder hat selbst mit solchen Erscheinungen zu kämpfen. Und das ist kein Wunder, denn im Schnitt leidet jeder dritte Mensch an einer Allergie. Diese ist nicht nur unangenehm, sondern kann sich durch Schwellungen und Atemnot lebensbedrohlich auswirken. Außerdem besteht eine hohe Gefahr, Asthma zu entwickeln.

Besonders verbreitet sind Allergien auf Hausstaubmilben und Pollen. Da stellt sich die Frage, was vorab gegen den Ausbruch eines solchen Leidens schützen kann. Eine weit verbreitete Theorie, die einem seit Jahren immer wieder zu Ohren kommt: der Bauernhofeffekt. Diese Hypothese besagt: Bauernhofkinder sind besser vor Allergien geschützt. Aber liefert das Aufwachsen zwischen Stall und Feldern wirklich einen Schutz gegen manche Arten von Allergien?

„Der Bauernhof ist hier eine Metapher für das Leben in natürlicher oder naturbelassener Umgebung. Im Prinzip besagt die Bauernhoftheorie das, was schon in den 1980er-Jahren in der Hygienehypothese dargelegt wurde“, sagt Peter Tomazic, HNO-Experte der Med Uni Graz. „Darin ist festgehalten, dass unser Immunsystem, wenn es mit mehr Umwelteinflüssen und Bakterien in Kontakt kommt, weniger empfänglich ist für den Ausbruch von Allergien.“ In sterilen Umgebungen hingegen ist das Immunsystem weniger gefordert.

Das heiße aber keinesfalls, dass Hygiene missachtet werden sollte. „Es geht einfach darum, das Umfeld nicht übersteril zu halten und einen gesunden Umgang mit der natürlichen Umgebung zu haben“, sagt der HNO-Experte.

Bei einer Allergie nimmt das Immunsystem gewisse, eigentlich harmlose Stoffe, wie Pollen, als gefährlich wahr und reagiert darauf mit Abwehr. Das äußert sich dann in Form der bekannten Symptome. Hat der Körper die harmlosen Stoffe einmal als gefährlich eingestuft, ist es schwer, ihn wieder vom Gegenteil zu überzeugen: Gelingen kann das nur durch Hyposensibilisierung (siehe Textbox).

In der Wissenschaft wird weiter daran gefeilt, nach heilsamen Stoffen in der Bauernhofluft zu suchen. Gerade neu am Markt ist eine Lutschtablette, die Beta-Lactoglobulin beinhaltet – ein Stoff, der in Kuhmilch und Kuhstallluft gefunden werden kann. Diese soll nach einer dreimonatigen Kur allergische Reaktionen mildern.

Eine erste Studie, bei der Allergiker nach der regelmäßigen Einnahme der Lutschtabletten in einer Expositionskammer großen Mengen an Hausstaub ausgesetzt wurden, zeigt eine eindeutige Verringerung der allergischen Reaktionen. „Die Betroffenen sind sehr gut geschützt und sie vertragen die Lutschtablette ohne Probleme“, sagt Karl-Christian Bergmann, der die Studie durchführte. Tomazic bestätigt: „Dass es hier eine Wirksamkeit gibt, zeigen die Zahlen eindeutig. Wie diese Wirkung zustande kommt, muss meiner Ansicht nach aber noch in weiteren Studien erhoben werden.“ Eine Erklärung könnte sein, dass sich das Präparat auch auf die Darmflora auswirkt, welche bekannterweise eine zentrale Rolle für das Immunsystem spielt.

Dafür spricht, was ein Forscherteam um Martin Depner bei einer Studie mit Kindern herausfand: „Wir stellten fest, dass ein vergleichsweise großer Teil der Schutzwirkung des Bauernhofs vor Asthma auf die Reifung des Darm-Mikrobioms im ersten Lebensjahr zurückzuführen ist“, sagt Depner. Die Forscher gehen davon aus, dass Bauernhofkinder mit Bakterien in Berührung kommen, die mit Mikroorganismen im Verdauungstrakt interagieren und diesen Schutzeffekt schaffen.

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