Dass höheres Alter genauso wie Vorerkrankungen das Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung erhöhen, ist hinlänglich bekannt. Doch es gibt einen weiteren zentralen Risikofaktor, der sich immer mehr herauskristallisiert: starkes Übergewicht. Österreichs Intensivmediziner sehen auf ihren Stationen sehr viele Corona-Patienten mit Übergewicht – was bedeutet, dass die Krankheit bei Menschen mit Übergewicht verhältnismäßig oft so schwer verläuft, dass sie auf die Intensivstation müssen.

Diesen Trend bestätigen auch internationale Studien: Eine Untersuchung aus New York zeigt zum Beispiel, dass das Risiko für eine schwere Erkrankung auch bei Menschen unter 60 Jahren signifikant steigt, wenn sie stark übergewichtig sind – dabei bezieht sich die Untersuchung auf Menschen mit einem Body Mass Index über 30.

Ein Rundruf der österreichischen Fachgesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin zeigt, dass Übergewicht als Risikofaktor auf allen Stationen beobachtet wird. Eine tatsächliche Erklärung für den Zusammenhang gibt es noch nicht, aber Hypothesen. So sagt der Tiroler Intensivmediziner Walter Hasibeder: „Die Adipositas geht meist mit anderen Erkrankungen einher, wie Bluthochdruck oder Diabetes, die oft unerkannt bleiben.“ Diese Vorerkrankungen könnten den schweren Verlauf begünstigen – das wisse man auch schon von anderen Infektionskrankheiten wie der Influenza, wo Übergewicht auch zu einem schwereren Verlauf führen kann.

Robert Krause, Infektionsspezialist an der Med Uni Graz, zeigt noch eine zweiten Erklärungsansatz auf: „Bei Übergewicht, vor allem bei starkem Bauchfett, gibt es im Körper chronische Entzündungsprozesse. Kommt nun ein Virus dazu, kann das System kippen, eine überschießende Entzündungsreaktion kann die Folge sein.“ Medizinerin Tina Muhr, die am LKH Graz West Covid-19-Patienten behandelt, sagt: „Bekommen diese Patienten eine Lungenentzündung, haben sie nicht dieselben Reserven wie ein ansonst gesunder Patient. Die Organe sind bereits vorbelastet, was zum schweren Verlauf führen kann.“

Schwerer zu beatmen

Aber auch in der Behandlung kann das Übergewicht zu Problemen führen, wie Krause beschreibt: „Je mehr Gewicht auf der Lunge lastet, desto schwieriger ist die Beatmung.“ Auch die Bauchlage, in der viele Covid-Patienten beamtet werden, um alle Bereiche der Lunge zu erreichen, ist bei übergewichtigen Patienten um ein Vielfaches schwieriger.

Was heißt das nun für Menschen mit Übergewicht? „Es gilt, dass sich diese Menschen besonders gut an die Schutzmaßnahmen halten, Abstand zu anderen halten und auf ihre Gesundheit achten“, sagt Infektionsspezialist Bernhard Haas (Kages). Bemerken Menschen, die zur Risikogruppe gehören, an sich Symptome, gilt es, besonders auf eine mögliche Verschlechterung des Zustandes zu achten.

Tritt eine sonst unbekannte Atemnot in Ruhe auf, sollte man jedenfalls den Arzt anrufen und sich medizinische Hilfe holen. Auch raten Experten wie der Kärntner Intensivmediziner Rudolf Likar zu einem gesunden Lebensstil: eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung mit viel Gemüse und mäßige Bewegung. Von Hungerkuren raten die Mediziner genauso ab wie davon, nun mit intensivem Sport zu beginnen – das könnte vielmehr zu einem medizinischen Notfall führen.

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