Wenn sich ein Paar – meist internetunterstützt – zusammenfindet, um gemeinsam ein Kind zu haben, ohne jedoch eine Liebes- oder sexuelle Beziehung einzugehen, spricht man neudeutsch von "Co-Parenting" oder Co-Elternschaft. Diesem relativ neuen Phänomen der Familiengestaltung widmen sich zwei Wissenschaftlerinnen der Universität Salzburg. 

Die Moraltheologin Angelika Walser von der Uni Salzburg beschäftigt sich unter anderem mit Ethik im Zusammenhang mit Reproduktionsmedizin. Im Zuge von Recherchen stieß sie auf die Plattform familyship.org, auf welcher sich Menschen mit Kinderwunsch vernetzen können, die allerdings nicht in erster Linie Ambitionen auf eine mehr oder weniger klassische Partnerschaft mit Liebe oder Sex haben, wie sie im APA-Gespräch erklärte. Dieses Phänomen wird als "Co-Parenting" bezeichnet und sei im angloamerikanischen und skandinavischen Raum schon seit rund 20 Jahren ein Stück weit etabliert. Die Website familyship.org sei die größte im deutschsprachigen Raum und zähle rund 14.000 Nutzer.

Interviews mit Co-Eltern 

Einen Versuch des Realisierens eines anderen Zuganges sah Walser in der Plattform zur Co-Elternschaft gegeben. Zusammen mit der Dissertantin Bernadette Breunig führte die Wissenschaftlerin im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Projekts Interviews mit einem Dutzend Co-Eltern zu ihren Motiven und Wertvorstellungen. 

Die Anzahl der befragten Personen schränke die Aussagekraft der Studie zwar ein, über die Salzburger Untersuchung hinaus gebe es aber bereits erste soziologische Daten zu dem neuen Phänomen, die ebenso eher besagen, dass Co-Eltern die Sache keineswegs auf die leichte Schulter nehmen. Zur Überraschung der Forscherinnen, die mehr damit gerechnet hatten, dass das Modell für homosexuelle und queere Paare attraktiv sein würde, werde die Plattform zu zwei Dritteln von heterosexuellen Frauen "mit dem Wunsch nach Familiengründung", aber ohne den richtigen Partner dafür, genützt.

Kinder großziehen mit einem Freund

Diese Frauen würden vielfach gezielt nach einem Mann suchen, der bereit ist, sich "sehr aktiv" in die Erziehung einzubringen, ohne dass dies in eine romantische Beziehung der Eltern mündet. Die Frauen würden "anonyme Samenbanken" ablehnen, und vielmehr "auf freundschaftlicher Basis eine Familie gründen" wollen, sagte Walser. Unter den Befragten fanden die Forscherinnen viel Idealismus, eine durchaus positive Einstellung gegenüber gemeinhin als klassischere "familiäre Werte" bezeichneten Haltungen und Kinderrechten, hohes ethische Bewusstsein, viel Motivation gegenüber und Verantwortlichkeit für die gemeinsame Aufgabe.

Obwohl die untersuchte Gruppe sich viel mit dem Thema beschäftigt habe, gebe es ein paar Themen, die zu Fallstricken werden könnten. So etwa der Umgang mit etwaigen neuen Partnern der Co-Eltern. Hier brauche es dann eine sehr offene Kommunikation und Klarheit gegenüber dem Kind, um es nicht zu überfordern. Dafür und auch zu Rechtsfragen sollte den Neo-Eltern Beratung angeboten werden, meinte Walser.

Rechtliche Fragen 

Gerade bei der rechtlichen Situation gebe es mitunter blinde Flecken: So sollte auch seitens des Gesetzgebers geklärt werden, wie in solchen Fällen die Verantwortlichkeiten verteilt sind, wenn etwa Kinder oder Elternteile plötzlich beeinträchtigt sind. Während die Bindung zum gemeinsamen Kind meist sehr stark betont wurde, erscheine die Verbindung zwischen den Erwachsenen Arrangement-bedingt eher "brüchig".

Gebe es einen verbindlicheren Rechtsrahmen, wäre hier auch mehr Absicherung für alle Beteiligten möglich, glaubt die Ethikerin und Theologin, die auf Diskussionen über "Verantwortungsgemeinschaften" mit ähnlichen Rechten und Pflichten wie in der Ehe in Deutschland verweist. Das juristisch zu regeln, scheine aber offenbar keine einfache Aufgabe zu sein. Nur mündliche Absprachen seien aber zu wenig, erklärte Walser.