In einer Ecke der Zara-Zentrale nahe La Coruna im Nordwesten von
Spanien gibt es 15 kleine Fotostudios, nur durch dünne Trennwände
abgegrenzt. Models drehen sich im Blitzlicht, um Kleider aus allen
denkbaren Winkeln zu präsentieren. Sieben Fotos eines Kleidungsstücks werden gebraucht, mehrmals pro Woche werden Hunderte neue Bilder hochgeladen, auch die Models wechseln regelmäßig.

Zara zeigt damit die Geschwindigkeit, mit der die Kleidungsstücke
auch offline in den Läden angepasst, ausgetauscht, vermarktet werden. "Online-Verkäufe werden zunehmend zu einem Element, das entscheidend zum Wachstum des Unternehmens beiträgt", sagt Pablo
Isla, Chef der Zara-Mutter Inditex. Im vergangenen Jahr machten sie
zehn Prozent der Verkäufe aus - eine Zahl, die jahrelang unter Verschluss blieb.

Spätes Online-Angebot

Mit seinem Online-Angebot kam Zara 2010 vergleichsweise spät aus der Deckung. Eine noch höhere "Online-Sichtbarkeit" sei aber entscheidend für Inditex, wenn der Konzern "auf lange Sicht wettbewerbsfähig" bleiben will, sagt Sergio Avila Luengo vom Analyseinstitut IG Markets. Wegen der Konkurrenz des Online-Händlers Amazon hatte Zara demnach 2017 spürbare Probleme, seine Lager zu leeren.

In Schweden steht Inditex' Erzrivale H&M vor ähnlichen Problemen. Der Modekonzern gestand ein, dass die Gewinneinbrüche 2017 entscheidend mit der Abwanderung ins Netz zusammenhängen. Der Kleidungsmarkt sei in einem "großen Umbruch", das geschehe rasch und sei eine Herausforderung für jeden, sagte H&M-Chef Karl-Johan Persson Mitte Februar. Amazon und die chinesische Plattform Alibaba zögen die ganze Branche in Mitleidenschaft. Auch kleinere Anbieter dürften nicht ignoriert werden.

In den USA war Amazon 2016 der führende Online-Kleidungsverkäufer, mittlerweile kontrolliert das Unternehmen elf Prozent des globalen Kleidungsmarkts, Tendenz rasch steigend. Der deutsche Schuh- und Klamottenanbieter Zalando erhöhte seine Verkäufe in Europa zwischen 2012 und 2015 um 25 Prozent, der britische Anbieter Asos legte in der Zeit um 34 Prozent zu.

600 Millionen in Internetgeschäft investiert

H&M investierte 2017 fast 600 Mio. Euro ins Internetgeschäft, darunter für ein neues Fotostudio und personalisierte Kunden-Apps. Das waren 45 Prozent der Investitionen. Inditex ist ebenfalls investitionsfreudig, gibt dazu aber keine Zahlen bekannt.

Dabei ist es Fluch und Segen zugleich für die beiden Modeunternehmen, dass sie über ein großes Netz realer Geschäfte verfügen. Einerseits können sie in den Läden die Online-Käufe pushen, indem sie auf das Angebot im Internet verweisen, wenn eine Größe oder Farbe vergriffen ist. Außerdem können Kunden ihre online erstandenen Kleidungsstücke offline zurückgeben.

Andererseits stellt das Internetangebot die Modefirmen vor logistische Herausforderungen, besonders im Vergleich zu Amazon mit seinen etlichen Lagern. Inditex reagierte bereits mit der Eröffnung von weltweit 19 Lagergebäuden, die nur für den Internethandel gedacht sind, H&M will auch bald folgen. Der Zara-Mutterkonzern schloss außerdem kleine Läden zugunsten großer Flaggschiffe in Stadtzentren.

Letztlich wird es für Zara und H&M darauf ankommen, die Geschäftsbereiche offline und online schlau zu kombinieren, wie Gildas Minvielle vom Französischen Institut für Mode erklärt: "Händler, die zugleich ihre Filialen und ihre Onlineverkäufe weiterentwickeln, sind letztlich erfolgreich."