Die „Fidelen Hirtenfelder“ wollen natürlich mitmachen in der Serenata, die der große Sohn aus ihrem oststeirischen Heimatdorf zum Namenstag von Kaiser Joseph I. komponierte. Aber Drehleier, Dudelsack und Hackbrett stehen halt nicht in der Partitur von „Julo Ascanio, Re d’Alba“, also muss ihnen Johann Joseph Fux wohl oder übel absagen. Nach der Aufführung jedoch, da dürfen sie gern anheben mit Marsch, Landler und Jodler ...

„Felix Austria“ heißt das Motto der heurigen styriarte. Und das Festival hatte bei der Premiere seines Opernfestgleich selbst Glück. Denn das Spektakel begann und endete im „Glücksgarten“, und das Wetter spielte kühl, aber doch mit. Detto ein freches „Fräulein Austria“, dem der Kaiser selbst eine Arie angeblich buchstäblich auf den Leib schrieb. Die Mätresse begrüßte samt Maestro Fux die nach dem Empfang draußen in die List-Halle eingezogenen Premierengäste, wo die styriartedie erste von sechs in den nächsten Jahren geplanten Fux-Opern präsentierte.

Christoph Steiner als Johann Joseph Fux
Christoph Steiner als Johann Joseph Fux © Werner Kmetitsch



Julus Ascanius, Sohn des trojanischen Helden Aeneas, ist ständig siegreich. Nur nicht in der Liebe, verschaut er sich doch just in die Schwester seines geschlagenen Kriegsgegners. Diese pendelt zwischen Zorn und Zuneigung. Mars oder Amor? Speer oder Rose? Wer, was wird gewinnen? Das amüsante Spiel, das Fux liefert, hat auch ernsten Hintergrund, lag doch Joseph I. zur Entstehungszeit der Oper im Streit mit dem Vatikan. Am Ende wird er als Mildtätiger gehuldigt, der selbst seinen Feinden verzeiht.

Der Hamburger Kai Wessel glänzt in der Hauptrolle mit reifem Altus, auch wenn er die Perlenschnüre seiner Arien nicht immer bruchlos meistert. Am souveränsten ist Arianna Vendittelli als (ver-)zweifelnder Widerspenst: Die römische Sopranistin entzückt als Emilia in Racheszenen ebenso wie im Honigseim Fux’scher Melodien. Auch die anderen drei italienischen Solisten um den Bass Mauro Borgioni als Julos Gegner überzeugen.

Arianna Vendittelli (Emilia) und Kai Wessel (Ascanio)
Arianna Vendittelli (Emilia) und Kai Wessel (Ascanio) © Werner Kmetitsch



Alfredo Bernardini, der die zehntägige Probenzeit in Graz zwischendurch aus familiären Gründen kurz unterbrechen musste, zeigt schon in der Ouvertüre sein Händchen für Vielgestaltigkeit: Einmal sinnlich, einmal süß, mitunter sogar fetzig dirigiert er auch in der Folge sein Barockorchester Zefiro, das im Tutti wie in den Continuo-Gruppen Leidenschaft und Erfahrung demonstriert. So wird das Ensemble mit seinem inspirierten Chef am Pult Fux’ ältester erhaltener Oper in ihrem stilistischen Einfallsreichtum und den herrlichen Klangfarben – auch durch das Chalumeau, den älteren Bruder der Klarinette – mehr als gerecht.

Jutta Panzenböck als Fräulein Austria (Mätresse des Kaisers)
Jutta Panzenböck als Fräulein Austria (Mätresse des Kaisers) © Werner Kmetitsch



Das 90-minütige Werk hat noch mehr Hauptdarsteller: die prächtigen, zwischen Historismus und Futurismus angesiedelten Kostüme von Lilli Hartmann. Und die imposante Lichtkunst von OchoReSotto: Das Grazer Trio verwendet geometrische Formen wie Würfel, Quader, Kegel, Kugel für ihre hochkomplexen Projektionen über vier Beamer auf einen Cinemascope-Prospekt, aber auch Makroaufnahmen der Kostüme, und schafft so ein kaleidoskopisch sich ständig veränderndes Bühnenbild.

Am 19. März 1708 wurde in der Wiener Hofburg eine „kostbahre Galla begangen“, am 22. Juni 2018 ein köstliches Fest vor und in der Grazer List-Halle, bei der das Publikum Genüsse für Augen und Ohren serviert bekam und auch „ein Maul voll“ – was sonst? – Kaiserschmarren.

Valerio Contaldo (Teucro, links), Mauro Borgioni (Evandro), Monica Piccinini (Carmenta), Arianna Vendittelli (Emilia), Kai Wessel (Julo Ascanio)
Valerio Contaldo (Teucro, links), Mauro Borgioni (Evandro), Monica Piccinini (Carmenta), Arianna Vendittelli (Emilia), Kai Wessel (Julo Ascanio) © Werner Kmetitsch

Ploberger im Glücksgarten