Das passt ja hervorragend. Erst vor ein paar Tagen hat die "New York Times" das Revival der Gitarre ausgerufen: "Guitars are back, baby!" heißt der Essay, in dem die Behauptung aufgestellt wird, das Instrument, jahrzehntelang das Symbol von Jugendkultur und Rebellion, sei nach ihrem hip-hop-bedingtem Versinken in die popmusikalische Bedeutungslosigkeit nun plötzlich wieder relevant.

Da klingen die dieser Tage weltweit veröffentlichten Huldigungen an den größten Gitarrengott der Popgeschichte ja gleich noch bedeutungsvoller. Heute vor 50 Jahren starb Jimi Hendrix. In einem Hotel in London erstickte er am 18. September 1970 an seinem Erbrochenen, nachdem er einen Cocktail aus Rotwein und Schlaftabletten zu sich genommen hatte.

Die Rockmusik hat der am 27. November 1942 in Seattle geborene Musiker beeinflusst wie kaum ein anderer - und das in nur wenigen Jahren von 1966 bis 1970, die ihm für seine im Wortsinn rauschhaft intensive Weltkarriere blieben.

Berühmt wurde Hendrix durch die Behandlung seiner Fender Stratocaster, die er zärtlich singen und wild aufjaulen, brüllen und in Rückkopplungen fast explodieren lassen konnte. Die elektrische Gitarre von Hendrix ahmte den infernalischen Lärm von Armeehubschraubern nach, sie zerschredderte die US-Nationalhymne -für viele Zeitzeugen ein Zeichen des Zorns über den Vietnamkrieg. Er spielte mit den Zähnen und der Zunge. Am Ende vieler Konzerte ging sein Instrument in Flammen auf, mit Hilfe von Feuerzeugbenzin, als ein Akt der kultischen Opferung des Allerliebsten.

"Wer ihn allein anhand seiner Aufnahmen beurteilen muss, kann einem nur leid tun. Erst in Fleisch und Blut war er wirklich einmalig - ein Alchemist, der sich auf der Bühne ständig häutete, sich sogar körperlich zu verändern schien", hat "The Who"-Gitarrist Pete Townshend einmal über ihn gesagt. Und Mike Bloomfield von der "Butterfield Blues Band" beschrieb die Wirkung des Musikers noch dramatischer: "Ich dachte, ich wäre der heißeste Gitarrist der Szene. Ich ging die Straße rüber und sah ihn mir an. Hendrix wusste, wer ich war, und er verbrannte mich bei lebendigem Leib. Ich holte danach nicht mal mehr meine Gitarre raus."

Dass Hendrix auch anderen das Gitarrespielen verleidet hat, ist unwahrscheinlich: Bis heute befeuert er die Musikbegeisterung für Rock, Blues und auch für den Jazz. Kurz vor seinem Tod hatte er eine Zusammenarbeit mit Jazz-Abgott Miles Davis angefangen, "der
Horizont seines Spiels hätte sich mit Sicherheit erweitert" glaubt etwa der deutsche Kulturwissenschaftler Klaus Theweleit.

Es kam anders: Hendrix' Tod gemeindete ihn in den berühmten "Club 27" der mit nur 27 Jahren jung gestorbenen Popstars ein:Janis Joplin, Brian Jones von den Rolling Stones, Jim Morrison von The Doors, Kurt Cobain von Nirvana, Amy Winehouse.

Spannend wäre es jedenfalls, sich den Afroamerikaner Hendrix als politischen Künstler vorzustellen, in einer Zeit neuer Konflikte in den USA. Gut vorstellbar jedenfalls, dass er die antirassistische Bürgerrechtsbewegung "Black Lives Matter" unterstützen würde: "Rassenprobleme sind etwas Hirnverbranntes", stellte er 1967 fest: "Ich bin der Meinung, dass wir auch friedlich nebeneinander leben können. Mit Gewalt hat man solche Probleme noch nie lösen können", sagte er damals, und: "In meinem Denken gibt es eh keine Schwarzen oder Weißen. Da gibt es nur die Gestrigen und die neuen Leute."

Zu den "neuen Leuten" zählte er musikalisch auf jeden Fall:  "Warum wird Jimi Hendrix eigentlich nicht als einer der wichtigsten Komponisten des Jahrhunderts anerkannt?", fragte sich fragte sich Brian Eno unlängst einmal: "Warum wird über ihn nicht wie über John Cage gesprochen?"