Wofür ist Österreich berühmt? In dieser Aufzählung darf das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker ebenso wenig fehlen wie die Sachertorte, die Lipizzaner, Wolfgang Amadeus Mozart, Arthur Schnitzler, Elfriede Jelinek, die Alpen und so weiter und so fort.
Seit einigen Jahren wird Österreich auch mit schweren Verbrechen in Verbindung gebracht: der Fall Kampusch, der Fall Fritzl. Emma Donoghue holte sich bei diesen entsetzlichen Kriminalfällen Anregungen für ihren 2010 erschienenen Roman „Room“ („Raum“), der zum internationalen Bestseller wurde. Die kanadische Schriftstellerin irischer Herkunft gestaltete ihren Roman zu einem Drehbuch um, das vom irischen Regisseur Lenny Abrahamson („Frank“) kongenial umgesetzt wurde. Derzeit arbeitet sie an einer Bühnenfassung des Stoffes.
Im Zentrum des Geschehens steht eine ganz besondere Mutter-Sohn-Beziehung in einem neun Quadratmeter großen Raum, in dem sich ein Bett, ein Kasten, eine Toilette, eine Badewanne sowie eine improvisierte Küche befinden. Nach und nach kommen wir darauf, dass diese Örtlichkeit ein Gefängnis ist, in dem die junge Mutter (Brie Larson) und ihr fünfjähriger Sohn Jack (Jacob Tremblay) eingesperrt sind.
Später erfahren wir: Als 17-Jährige wurde Joy von einem Mann namens Old Nick (Sean Bridgers) entführt. Seither wird sie hier festgehalten. Joy versucht, ihrem Sohn, so gut es geht, ein „normales“ Leben zu bieten. Durch Kontakt nach außen über den Fernsehapparat oder den Blick durch das Deckenfenster. Jeder Gegenstand in diesem Raum weist neben seinem Gebrauchswert noch eine symbolische Funktion aus.
Joys Trachten richtet sich auf ein Entkommen, und das kann nur gelingen, wenn Jack mitspielt. Also trainiert er, sich tot zu stellen. Old Nick rollt den vermeintlich Toten in einem Teppich ein und lädt ihn auf die Ladefläche seines Pick-ups, um ihn zu entsorgen. Jack gelingt schließlich mithilfe eines Erwachsenen die Flucht. Die Polizei kann auch Joy befreien. Über die Fernsehnachrichten kommt die Meldung von Old Nicks Verhaftung. Draußen aus dem Gefängnis beginnt für Joy und Jack eine neue Zeit des Umgewöhnens auf ein Leben in Freiheit. Und hier türmen sich ungeahnte neue Barrieren auf.
Brie Larson hat für ihre intensive Darstellung dieser jungen Frau, der von einem Verbrecher ein Teil der Jugend gestohlen wurde, etliche Preise wie einen Golden Globe oder einen Oscar für die beste weibliche Hauptrolle eingeheimst. Ein ungemein intensiver und grandioser Film.
REINHOLD REITERER
