"Nur wenn du den Abgrund hinter dir hast, gehst du mit dem sicheren Blick nach vorne", wird Willi Resetarits in einer Archivaufnahme sagen und damit den maßgeblichen Schritt skizzieren, der ihn zur Kultfigur hat werden lassen – das Studium, Turnen und Englisch, knapp vor dem Fertigwerden zu schmeißen und Musiker zu werden. Und was für einer!

Zum ersten Todestag von Willi Resetarits erinnern sich morgen Abend in "Musiklegenden – Willi Resetarits" (20.15 Uhr, ORF III) Familie, Freunde und Weggefährten an "das gute Gewissen Österreichs", wie Wolfgang Kos ihn bezeichnet. Mehr als fünf Jahrzehnte umspannte seine Karriere, aber die Doku zeichnet anhand von Interviews und Archivaufnahmen nicht nur seine musikalische Genese nach, sondern auch sein politisches Engagement. Vor allem aber kommt sie dieser legendären Figur des Dr. Kurt Ostbahn nahe. Die von Günter Brödl erfundene Kunstfigur, der Resetarits so viel Leben einhauchte, dass er selbst oft gar nicht mehr wusste: Kurtl oder Willi? Die Intensität, mit der er diese Figur lebte, hat selbst seinen Bruder Peter Resetarits eingeschüchtert: "Ich hab mir immer Sorgen um seine Gesundheit gemacht, ob er hoffentlich nicht eh zu viel trinkt. Und hab mich gewundert, dass mein von mir verehrter, lehrmeisterhafter, gescheiter, intellektueller Bruder jetzt irgendwie der wilde Rock-'n'-Roller ist und dass er die Rolle zu sehr verinnerlicht."



Die Sorgen waren berechtigt, wie auch ehemalige Bandmitglieder in der Doku bestätigen: Dr. Jekyll und Mr. Hyde, Willi und Kurtl – Resetarits hat dieses Leben ausgekostet. "Das war eine unglaublich zusammengewachsene Geschichte, das Publikum und der Kurt Ostbahn. Das ist ein Phänomen", erinnert sich Gitarristin Miki Liebermann an diese Konzerte, die über Stunden gehen konnten, aber trotzdem niemals lang genug waren. Und es sind diese Bilder, die tief gehen, das launige Erzählen des Kurt Ostbahn, das Mitnehmen des Publikums, die absolute Lust zur Unterhaltung. Eines ist tröstlich: Bis ins letzte Detail wird man diese Symbiose wohl nie ergründen können.



Für Gänsehaut sorgen auch andere Aufnahmen, es sind eindrückliche Bilder: das Lichtermeer im Jahr 1993 mit mehr als 300.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern – Resetarits war einer der Initiatoren. Und der Beginn seiner zweiten, dritten oder gar vierten "Karriere". "Er hatte eine Rolle im Staat, er war eine Vertrauensfigur, wenn es darum ging, humane Anliegen vorzubringen", streicht Wolfgang Kos das Tun des Musikers hervor. Doch all das wird bleiben, sein Engagement und seine Musik, wie sich sein Bruder Peter erinnert: "Er hat gute Spuren im Leben hinterlassen – und wem gelingt das schon?"